Warum diese Seite?

Als die Proteste gegen Stuttgart 21 Ende 2009 stärker wurden, habe ich mich intensiver mit dem Thema "Stuttgart 21" auseinandergesetzt, mittels diverser Medien: Zunächst die Lokalpresse, Websites von Befürwortern und Gegnern usw. Leider hatte ich das Gefühl, dass insbesondere Tageszeitungen eher oberflächlich berichten und oft nicht genügend in die Tiefe gehen. Inzwischen habe ich mit diversen Politikern, dem Projektbüro von Stuttgart 21, Ämtern und anderen Stellen kommuniziert und mir mein eigenes Bild über Stuttgart 21 gemacht. Ich möchte meine Erkenntnisse mittels dieser Seite teilen. Mehr über mich.
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Dienstag, 5. Oktober 2010

Wirtschaftliche Bedeutung Stuttgart 21 für den Flughafen Stuttgart

Welche Erwartungen hat die Flughafengesellschaft bzgl. des Anschluss an das Fernverkehrsnetz durch das Projekt Stuttgart 21? Rentieren sich die Erwartungen an zusätzliches Passagieraufkommen bezogen auf die durch die Flughafengesellschaft getätigte Investitionen im Rahmen des Projektes Stuttgart 21?

Ein Blick in den Geschäftsbericht von 2009:

Die FSG, die insgesamt 359 Millionen Euro in das Projekt investiert, erwartet von dem vorgesehenen ICE-Bahnhof am Flughafen eine enorme Standortverbesserung für die gesamte Filderregion. Nach Expertisen von Intraplan Consult GmbH ermöglicht der neue Anschluss an das Hochgeschwindigkeits- und Regionalzugnetz bis zu 1,5 Millionen zusätzliche Fluggäste aus einem vergrößerten Einzugsbereich und besserer Erreichbarkeit.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 9)

In den Finanzierungsvereinbarungen zu Stuttgart 21 ist für den Flughafen eine Beteiligung von ca. 339 Mio. EUR vorgesehen. Die Differenz zu den im Geschäftsbericht erwähnten 359 Mio. EUR sind demzufolge an anderer Stelle vage beschriebene zusätzliche Leistungen der Flughafengesellschaft zur Schaffung peripherer Infrastruktur um den zu bauenden Fernbahnhof.

Weiter kann diesem Absatz entnommen werden, dass die Flughafengesellschaft von 1,5 Millionen zusätzlicher Fluggäste pro Jahr ausgeht.

Weiter sind im Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft folgende Passagen zu lesen:

Die Flughafengesellschaft plant für den Zeitraum bis 2019 ein Investitionsvolumen von ca. 316 Mio. m. Darin enthalten sind Investitionszuschüsse in Höhe von ca. 108 Mio. m an die DB Netz AG für das Projekt Stuttgart 21 und die Anbindung des Flughafens Stuttgart an die europäische Fernbahntrasse. Weitere Zahlungen von bis zu ca. 119 Mio. m sind ab dem Jahr 2020 fällig. Dadurch kann der Flughafen Stuttgart gegenüber den Flughäfen Frankfurt, München und Zürich im Wettbewerb besser bestehen und zusätzliche Fluggastpotenziale erschließen. Die Investition ist deshalb wirtschaftlich vorteilhaft.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 13)

Die Flughafengesellschaft spricht also davon dass die Investition wirtschaftlich vorteilhaft sei und nicht davon, dass sich die Investition rentiert!

Ich möchte im Folgenden eine genauere Rechnung zur Rentabilität von Stuttgart 21 für den Flughafen aufstellen.

Die Finanzierung von Stuttgart 21 durch die Flughafengesellschaft sieht im Detail wie folgt aus. Die Zahlungsströme sind der Mitteilung der Landesregierung an die Landtagsabgeordnete zu den Finanzierungsverträgen zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm entnommen und um Informationen aus dem Geschäftsbericht des Flughafens ergänzt.

Jahr   Zahlung
    (Mio. EUR)
2008112.242.000
20090
20100
20112.900.000
20122.900.000
20132.900.000
20142.900.000
20152.900.000
20162.900.000
20172.900.000
201845.200.000
201942.300.000
2020119.400.000


Für die Erträge wird der Passagierzuwachs wie im Geschäftsbericht genannt angenommen, wobei für die ersten zwei Jahre nach Fertigstellung zunächst von einer Anlaufphase mit einem schrittweisen Anstieg auf das von der Flughafengesellschaft erwarteten zusätzlichen Passagieraufkommen ausgegangen wird.

Jahr  zusätzliches
    Passagieraufkommen
20200,7 Mio.
20211,2 Mio.
ab 20221,5 Mio.


Aus dem Geschäftsbericht 2009 lassen sich pro Passagier für die Jahre 2005 bis 2009 ein durchschnittlicher Umsatz von 21,76 EUR und ein durchschnittlicher Gewinn von 2,47 EUR entnehmen. Dieser Gewinn pro Passagier soll für die Berechnung der Erträge herangezogen werden.

Weiter wird bei der Berechnung von einer Jährlichen Inflationsrate von 1,5% ausgegangen und die zukünftigen Kosten wie auch Erträge werden mit 6% abdiskontiert, was eine hohe Gewissheit der Kosten und Erträge unterstellt.

Hieraus ergibt sich ein Barwert für Investitionen und Erträge bis zum Jahr 2050 von ca. -222 Mio. EUR.! Kein privatwirtschaftliches Unternehmen könnte und würde solch ein Engagement eingehen. Die Flughafengesellschaft wird hier durch die Eigentümer geradezu asugequetscht, wie man es sonst nur von Finanzinvestoren (auch Heuschrecken genannt) kennt.


Ganz offensichtlich ist die Beteiligung der Flughafengesellschaft am Projekt Stuttgart 21 für diese nicht rentabel. Vielmehr geht es wohl darum die Höhe der direkten Steuermittel, die in das Projekt Stuttgart 21 fließen, niedriger erscheinen zu lassen. Freilich sind die Finanzierungsmittel der Flughafengesellschaft genauso öffentliche Gelder, gehört die Flughafengesellschaft doch Stadt und Land.

Noch eine Überlegung, was 1,5 Mio. zusätzliche Passagiere für die Kapazität des Flughafens bedeutet: 2007 hatte der Flughafen 10,3 Mio. Passagiere, mit dem von der Flughafengesellschaft angenommenen jährlichen Wachstum des Passagieraufkommens von 2% und der erwarteten Passagierzunahme durch Stuttgart 21, ergibt sich dann ein jährliches Passagieraufkommen von ca. 14,0 Mio. Passagieren. Sind die heutigen Kapazitäten dafür ausreichend? Alle anderen Verkehrsflughäfen in Deutschland mit einem vergleichbaren Verkehrsaufkommen (Berlin-Tegel, Düsseldorf, Hamburg, Köln/Bonn) haben zwei Startbahnen. Eine Erweiterung des Flughafens Stuttgart-Echterdingen um eine zweite Startbahn wird damit wahrscheinlicher, bzw. der avisierte Passagierzuwachs lässt sich sonst gar nicht realisieren!

Quellen:
Geschäftsbericht Flughafen Gesellschaft
Mitteilung der Landesregierung zur Finanzierung von S21

Freitag, 24. September 2010

Werden durch Stuttgart 21 Reisende vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen?

Immer wieder ist als Argument für Stuttgart 21 zu hören, dass ein besonders umweltfreundlicher Aspekt darin liegt, dass Reisende zukünfitg vermehrt vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen. Was wirklich wünschenswert wäre! Ich fragte das Kommunikationsbüro des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm, auf welchen Strecken denn ein Umstieg erwartet wird, die Antwortet lautet:

"Es ist das Ziel, durch eine Stärkung des Fernverkehrs, die wie beispielsweise auf der Strecke Stuttgart-Ulm zu massiven Zeitersparnissen führt, Flugreisen im Umfang von 600-700 Kilometern überflüssig zu machen."


Durch die NBS verkürzt sich die Reisezeit von Stuttgart nach Ulm und damit z.B. auch nach Wien (was ind die angegebene Distanz fällt) um ca. 25 Minuten, durch den Umbau des Knotens um weitere wenige Minuten. Bei einer heutigen Reisezeit zwischen Stuttgart und Wien von über 7 Stunden, verringert sich diese auf knapp unter 7 Stunden, das stellt insbesondere für Geschäftsreisende noch lange keine Alternative zum Flugzeug dar? Wäre es da nicht wichtiger weiteree Fernverbindungen auszubauen, als einen Hauptbahnhof?

Was erwartet der Flughafen vom Anschluß an den Fernverkehr durch Stuttgart 21?
Der Flughafen-Chef Georg Fundel wird in der Wirtschaftswoche zitiert mit folgendem Satz:

„Das bringt uns bis zu 1,5Millionen zusätzliche Passagiere.“ 

Die 1,5 Milionen zusätzliche Fluggäste beziehen sich auf ein Jahr und stellen eine Steigerung des Fluggastaufkommens von 15% - 20% dar. Dies ist auch im Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft nachzulesen. In den hochfrequentierten Morgen- und Abendstunden ist der Stutgarter Flughafen an seiner Auslastungsgrenze angekommen, wäre es da nicht nur konsequent, wenn die Landesregierung nach Stuttgart 21 auch die zweite Landebahn vorantreiben würde?