Warum diese Seite?

Als die Proteste gegen Stuttgart 21 Ende 2009 stärker wurden, habe ich mich intensiver mit dem Thema "Stuttgart 21" auseinandergesetzt, mittels diverser Medien: Zunächst die Lokalpresse, Websites von Befürwortern und Gegnern usw. Leider hatte ich das Gefühl, dass insbesondere Tageszeitungen eher oberflächlich berichten und oft nicht genügend in die Tiefe gehen. Inzwischen habe ich mit diversen Politikern, dem Projektbüro von Stuttgart 21, Ämtern und anderen Stellen kommuniziert und mir mein eigenes Bild über Stuttgart 21 gemacht. Ich möchte meine Erkenntnisse mittels dieser Seite teilen. Mehr über mich.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Studie der Universität Koblenz-Landau zu Schlichtungsgesprächen zeigt: keine Meinungsänderung aber mehr Verständnis für die Gegenseite

Die Universität Koblenz-Landau hatte begleitend zu den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 eine Studie zu deren Wirkung auf die Bevölkerung - Befürworter wie Gegner von Stuttgart 21 - durchgeführt. Und so sehen die Wissenschaftler die Wirkung der Schlichtung:

Die Schlichtungsgespräche zum Verkehrsgroßprojekt Stuttgart 21 führten zu keiner Meinungsänderung, aber zu weniger Ärger und zu einem besseren Verständnis der Argumente der Gegenseite. Das sind die ersten Ergebnisse einer Online-Befragung, die die Psychologen Dr. Tobias Rothmund und Dr. Anna Baumert von der Universität Koblenz-Landau vor, während und nach den Schlichtungsgesprächen im Konflikt um „Stuttgart 21“ durchgeführt haben. 910 Personen im Alter zwischen 13 und 86 Jahren nahmen an der Befragung teil, die sich größtenteils als eindeutige Befürworter (ca. 20% der Befragten) oder eindeutige Gegner (ca. 70% der Befragten) des Projektes einstuften.

Gegner und Befürworter des Projekts unterschieden sich vor Beginn der Schlichtungsgespräche sehr stark in ihrer Bewertung des Planungs- und Entscheidungsverfahrens, das zu S21 geführt hat. Projektgegner empfanden das Verfahren als intransparent und das Verhalten der politischen Entscheidungsträger als unehrlich.Befürworter des Projekts hingegen bewerteten das Entscheidungsverfahren überwiegend als gerecht und legitim. Ärger und Empörung der Projektbefürworter richtete sich vor allem gegen die Projektgegner und deren Proteste.

Die Schlichtungsgespräche wurden von Gegnern und Befürwortern gleichermaßen interessiert wahrgenommen. Über 60% der Befragten gaben an, die Übertragungen live im Fernsehen oder im Internet verfolgt zu haben. Die Gespräche wurden dabei überwiegend als verständlich, transparent und ehrlich wahrgenommen.

Unter den Befragten führten die Schlichtungsgespräche weder bei Gegnern noch bei Befürwortern des Projekts zu einer bedeutsamen Meinungsänderung bezüglich ihrer Zustimmung oder Ablehnung von S21. Befürworter und Gegner gaben aber jeweils an, die Argumente der Gegenseite nun besser zu verstehen. In direktem Zusammenhang mit dem verbesserten Verständnis der Argumente stand dabei auch eine Verringerung des berichteten Ärgers. Desto besser S21-Gegner die Argumente der Gegenseite verstehen konnten, desto geringer ihr Ärger über die politischen Entscheidungsträger und den gesamten Entscheidungsprozess. Umgekehrt ärgerten sich S21-Befürworter über das Protestverhalten von S21-Gegnern umso weniger, je eher sie deren Argumente kannten und verstanden.

„Die Ergebnisse der vorliegenden Studie können als Beleg für einen Erfolg der Schlichtungsgespräche interpretiert werden“, so das Fazit von Rothmund und Baumert. „Dieser Erfolg kann jedoch weniger in einer inhaltlichen Klärung der Sachfrage als vielmehr in einer aufklärerischen und besänftigenden Wirkung auf die beteiligten Parteien gesehen werden.“ Wahrgenommene Ungerechtigkeit und daraus resultierender Ärger stellten Motivation und Antrieb für politisches Protestverhalten dar. In extremer Form könne politische Wut aber auch zur Eskalation sozialer Konflikte beitragen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Eine Besänftigung von wütenden Bürgern könne daher gleichermaßen als Schwächung politischer Protestbewegungen und als Beitrag zum sozialen Frieden gesehen werden, so eine weitere Schlussfolgerung von Baumert und Rothmund.

Freitag, 3. Dezember 2010

Kommentar der SüddeutschenZeitung zum Schlichterspruch zu Stuttgart 21

Eine interessante und kritische Analyse zum allgemein positiv bewerteten Schlichterspruch von Heiner Geißler hat Andreas Zielcke in der Süddetuschen Zeitung geschrieben.

Heiner Geißlers Schlichterspruch zu Stuttgart 21 in vollem Wortlaut

1. Am Mittwoch, 06.10.2010, wurde ich im Landtag von Ministerpräsident Mappus als Schlichter für den Streit um den Tiefbahnhof Stuttgart 21 und um die Neubaustrecke Ulm-Wendlingen vorgeschlagen, vom Fraktionsvorsitzenden Kretschmann in derselben Sitzung bestätigt, nachdem am Tag zuvor der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stuttgarter Stadtrat Werner Wölfle meinen Namen für diese Aufgabe genannt hatte.

Dem schlossen sich alle Landtags-Fraktionen an. Das Aktionsbündnis gegen S 21 stimmte daraufhin am 12. Oktober meiner Nominierung zu. Am 15. Oktober 2010 einigten sich Projektgegner und Projektbefürworter darauf, sich an einen Tisch zu setzen und mit dem Schlichtungsverfahren zu beginnen. Zuvor war Einigung über den Inhalt der Friedenspflicht und deren Einhaltung während der Schlichtungsgespräche erzielt worden. Am 22. Oktober begann die erste Schlichtungsrunde.

2. Das Verfahren war als Fachschlichtung gedacht, wobei offen blieb, ob diese in eine Ergebnisschlichtung verbunden mit einem Votum des Schlichters münden sollte. Es war klar, dass daraus keine rechtliche Bindung entstehen konnte, wohl aber eine psychologische und politische Wirkung die Folge war. Der Begriff Schlichtung Stuttgart 21 setzte sich dann auch in der Öffentlichkeit durch.

3. Bund und die Länder Baden-Württemberg und Bayern (wegen Neu-Ulm-21) sich auf eine Vorfinanzierung geeinigt hatten, genehmigte der Aufsichtsrat der DB am 14. März 2001 das Projekt. Damit wurde der Weg für die Einreichung der Planfeststellungsunterlagen geebnet. Am 31. Oktober 2001 wurde das erste Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt eröffnet. In den darauffolgenden Jahren wurde das Projekt von allen zuständigen parlamentarischen Gremien mehrheitlich gebilligt und insoweit legalisiert.

Dennoch formierte sich schon frühzeitig Widerstand gegen S 21, der sich vor allem im Laufe des Jahres 2010 zu massenhaften Demonstrationen mit bis zu über 60.000 Teilnehmern äußerte. Der Spalt ging quer durch die gesamte Stadtbevölkerung und bewegte zunehmend auch die Bevölkerung Baden-Württembergs. Auch die Befürworter gingen auf die Straße. Am 30. September 2010 eskalierte der Protest. Bei einer Demonstration kam es zur Konfrontation der Protestbewegung mit der Polizei mit der Folge von über 100 Verletzten, darunter zwei Schwerverletzten.

Diese Entwicklung, mit negativem Echo bis in die USA, hatte die Bevölkerung und die politisch Verantwortlichen erschüttert. Sie hatte regionale und überregionale Gründe und ist nur zu verstehen auf dem Hintergrund einer massiven Vertrauenskrise der Politik im Allgemeinen und einer speziellen ebenfalls massiven Kritik an der Art und Weise des Zustandekommens und der Durchführung des Projekts S 21. In den Augen vieler Bürgerinnen und Bürger waren mit ihm mehr ökologische, geologische und finanzielle Risiken als wirtschaftlichen Chancen verbunden.
Wichtiges Ziel der Schlichtung war daher, durch Versachlichung und eine neue Form unmittelbarer Demokratie wieder ein Stück Glaubwürdigkeit und mehr Vertrauen für die Demokratie zurückzugewinnen. Die Schlichtung hat mit dem sachlichen Austausch von Argumenten unter gleichberechtigter Teilnahme von Bürgern aus der Zivilgesellschaft etwas nachgeholt, was schon vor vier oder fünf Jahren hätte stattfinden sollen. Die Schlichtung konnte jedoch diesen Fehler nur teilweise reparieren.

4. Unabhängig vom Ergebnis in der Sache war die Schlichtung, bevor sie heute zu Ende geht, ein Erfolg, wie die "Stuttgarter Zeitung" schreibt.

Im Einzelnen:

4.1. Bürgerinitiativen aus der Zivilgesellschaft, Projektgegner wie Befürworter, Ministerpräsident, Minister, Bahnvorstände, Bürgermeister, Abgeordnete haben sich an einen Tisch gesetzt und in neun Schlichtungsrunden vom 22. Oktober 2010 bis 30. November die Argumente ausgetauscht. Das wäre noch vor zwei Monaten unvorstellbar gewesen.

4.2. In der Landtagssitzung vom 6. Oktober 2010 sagte Winfried Kretschmann an die Adresse der Landesregierung: "Glauben Sie mir, die Hauptquelle des Protestes ist, dass Sie den Protest gar nicht ernst nehmen und dass Sie denken, die Gegner hätten noch nicht einmal gute Argumente/' Diese Beschwerde müsste er heute nicht mehr vorbringen. Die Projektgegner haben bewiesen, dass sie für das von ihnen ausgeübte Demonstrationsrecht gute Gründe haben.

Dies wird von der anderen Seite anerkannt. Die Debatte wurde auf Augenhöhe geführt. Auch dies hat es in dieser Form noch nie gegeben. Die Bereitschaft der Landesregierung, hier mitzumachen, kann auch als "Gegenbeweis" zu der weit verbreiteten Meinung gelten, "die da oben machen was sie wollen".

4.3. Die Gleichberechtigung wurde auch dadurch sichergestellt, dass das Land Baden-Württemberg alle Ausgaben der Projektgegner für Gutachten und Sachverständige übernommen hat. Das Aktionsbündnis wurde dadurch, wie die FAZ schrieb, zum ebenbürtigen Kontrahenten in der Landespolitik aufgewertet. (Peter Conradi: "Die Schlichtung hat unser Gewicht in der Öffentlichkeit verändert. Es ist gelungen, so etwas wie ein faires Gegenüber herzustellen." Werner Wölfle: "Unsere Akzeptanz ist gestiegen, keiner kann mehr sagen, wir wären nur Protestler.")

4.4. Voraussetzung für das Gelingen der Schlichtung war die vom Ministerpräsidenten ausgegebene Parole: Nicht nur alle an den Tisch, sondern alle Fakten auf den Tisch. Dieser Faktencheck ist weitgehend gelungen - angesichts der Komplexität des Problems fast ein Wunder. Lediglich das Zurückhalten von Detailinformationen zur Projektfinanzierung wegen der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bei den Ausschreibungen blieb unbefriedigend. Durch die Einsetzung von drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wurde dieser Mangel jedoch in meinen Augen weitgehend behoben.

4.5. Einer der Hauptgründe für das Misstrauen gegenüber der Politik ist die wachsende Undurchschaubarkeit der politischen und ökonomischen Vorgänge, wie sie sich in der zurückliegenden Finanzkrise gezeigt hat. Die totale Öffentlichkeit und Transparenz des Schlichtungsverfahrens sollte die Gegenposition zu praktizierter Geheimhaltung und Konservierung von Herrschaftswissen bilden. Die Schlichtungen wurden daher jeweils von Anfang bis zum Ende live im Fernsehen durch Phoenix und teilweise SWR und Flügel TV übertragen und ins Internet gestellt.

Gleichzeitig konnten interessierte Bürger im großen Saal des Stuttgarter Rathauses das Geschehen auf einer Großbildleinwand verfolgen. Die Schlichtung war daher auch moderne Aufklärung im besten Sinne von Immanuel Kant, nämlich die Menschen zu befähigen, sich aus "unverschuldeter Unmündigkeit" zu befreien und dadurch "jederzeit selbständig denken" zu können. Das Interesse war enorm und führte bei Phoenix und SWR zu bisher nicht erreichten Einschaltquoten, mit über einer Million Zuschauern.
Das Interessante in den Augen der Beteiligten und der Zuschauer war, dass die gesamten Argumente beider Seiten offen gelegt und Zusammenhänge dargestellt wurden (F. Brettschneider). Statt der Vorstellung von Teilaspekten durch mediale Statements, konnte die Herleitung von Argumenten dargestellt werden, die "Storvlines", wie Volker Kefer einmal sagte: d. h. die technische Gesamterzählung und der innere Zusammenhang des Vorhabens - und das vor einem Millionen-Publikum.

Webseiten und der Organisation von Zehntausenden Menschen per Mausklick kann die Demokratie nicht mehr so funktionieren wie im letzten Jahrhundert. Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei, auch Parlamentsbeschlüsse werden hinterfragt, vor allem wenn es Jahre dauert, bis sie realisiert werden. Sie müssen jedenfalls in dieser Zeit immer wieder begründet und erläutert werden.

Die Fristen zwischen Planung und Realisierung von Großprojekten sind viel zu lang. Die Öffentlichkeit muß zwar heute schon nach § 3 des Baugesetzbuches über Pläne und Alternativen frühzeitig informiert werden. Diese Bestimmung wird jedoch nicht eingehalten oder zu eng ausgelegt. Notwendig ist zudem, daß Alternativen offiziell ermöglicht und geprüft werden. Das Fehlen dieser Möglichkeit war einer der größten Schwächen im Verfahren von S 21.

Wäre die Ursprungsplanung von Prof. Heimerl, ähnlich der sogenannten Züricher Lösung, oder andere Pläne wie z. B. K 21 gleichberechtigt zu S 21 in den Planfeststellungsverfahren zur Debatte gestellt worden, wäre der Tiefbahnhof möglicherweise auch das Resultat der Prüfungen gewesen, aber andere Konzepte nicht planerisch in nicht mehr revidierbaren zeitlichen Verzug geraten. Dies war, um auch dies deutlich zu sagen, nicht der Fehler der jetzigen Landesregierung; sie hat dieses Defizit geerbt; Ministerpräsident Mappus hat konsequenterweise eine gesetzliche Reform des Baurechts bereits vorgeschlagen.

5. Wir brauchen nach meiner Auffassung in Deutschland eine Verstärkung der unmittelbaren Demokratie. Sicher kann das Schweizer Modell nicht 1:1 auf Deutschland übertragen werden. Aber wir sollten, um Entwicklungen wie bei S 21 in der Zukunft zu verhindern, das

Beteiligungsverfahren der Schweiz übernehmen, zumindest für Großprojekte:
- 1. Phase: Formulierung des Ziels, z. B. Basistunnel durch den Gotthardt, dann Abstimmung
- 2. Phase: Entwicklung der Pläne, mögliche Alternativen, dann Abstimmung
- 3. Phase: Realisierung mit begleitender Begründung und Information Solange dies im Bund und in den Ländern nicht möglich ist, bietet sich das hier praktizierte Stuttgarter Modell als Prototyp an (institutionalisierte Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe).

6. Es war von vornherein klar, dass bei der gegebenen Situation heute ein Kompromiss zwischen Tief- und Kopfbahnhof nicht mehr möglich ist. Der ursprüngliche Plan von Prof. Heimerl, nämlich Sanierung des Kopfbahnhofs mit Bau eines viergleisigen Durchgangsbahnhofs plus Anschlusstunnel zur Neubaustrecke und Abzweig zum Flughafen wäre ein solcher Kompromiss gewesen. Diese sogenannte Kombi- oder Züricher Lösung war aber nach dem Raumordnungsverfahren 1996/97 von der Bahn 50 wenig aufgegriffen worden wie die "Lean-Variante", die heutige K 21-Konzeption. Ein Kompromiss ist heute auch deswegen nicht möglich, weil sich die Politik vor der Landtagswahl der beiden Bahnhöfe bemächtigt hat, ebenfalls kompromisslos: Die CDU offiziell für S 21 und die Grünen per Parteitagsbeschluss dagegen und für K 21.

Bei dieser Sachlage wäre es für mich das Einfachste gewesen, eine Volksabstimmung oder eine Bürgerbefragung vorzuschlagen. Eine Bürgerbefragung in Stuttgart ist heute noch möglich unter der Voraussetzung, dass während des Baus von Stuttgart 21 eine Beteiligung der Stadt an Mehrkosten gefordert würde. Das ergibt sich aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 29. Juli 2009.
Ein Bürgerentscheid zu der Grundsatzfrage Stuttgart 21 Ja oder Nein ist dagegen rechtlich unzulässig. Bei einer bloßen Bürgerbefragung hätte das Ergebnis keinerlei Auswirkungen auf den Fortgang des Projektes. Die Deutsche Bahn ist nicht verpflichtet, einem solchen Votum zu folgen. Hinzu kommt, dass der Vorstand der Bahn gesetzlich verpflichtet ist, Schaden vom Unternehmen abzuwenden, der bei einem Bau-Stopp von S 21 in Milliardenhöhe entstünde.

7. Die Schlichtung ist ein neues Projekt unmittelbarer Demokratie mit großer Transparenz. Es kommt für mich aber nicht infrage, am Ende alles offen zu lassen. Ich hatte mir zunächst überlegt, eine Abwägung und Beurteilung der Argumente zu allen wichtigen Streitpunkten vorzunehmen, also 2ur verkehrlichen Leistungsfähigkeit, zum Betriebskonzept zu Ökologie, Städteplanung, Geologie und Finanzierung von S 21 und K 21.

Dies hätte jedoch mit Sicherheit jeden Zeitrahmen gesprengt und zum sofortigen und aus jeweiliger Sicht durchaus berechtigten Widerspruch und somit zur Fortsetzung der Schlichtungsdiskussion über die Friedenspflicht hinaus geführt Ich möchte ein Beispiel geben: Nach dem von den Projektgegnern favorisierten System des Integralen Taktverkehrs (ITV) nach schweizerischem Vorbild braucht der ICE von Mannheim über Stuttgart nach Ulm bei K 21 elf Minuten länger als bei Stuttgart 21.

Ob dies, wie die Bahn meint, für die Reisenden unzumutbar ist (über 10 Minuten Standzeit im Stuttgarter Bahnhof) oder ein solcher Zeitpuffer pünktliche Züge und bequemes Umsteigen ermöglicht, wie das Bündnis meint, kann vom Schlichter nicht entschieden werden. Ich kann jedoch eine grundsätzliche Bewertung der unterschiedlichen Positionen vornehmen und Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen.
8. Ich beginne mit den Vorschlägen der Projektgegner: Werner Wölfle, der Vorsitzende der grünen Stadtratsfraktion, sagte zum Ablauf und Inhalt der Schlichtung "Wir haben gezeigt, dass wir mit K 21 ein alternatives Projekt zur Modernisierung des Stuttgarter Bahnknotens haben". Es ist ganz sicher ein wichtiges Resultat der Schlichtung, daß die Idee eines erneuerten Kopfbahnhofs mit Bau eines Anschlusstunnels von Obertürkheim nach Denkendorf zur Neubaustrecke mit Abzweig zum Flughafen trassenmäßig realisierbar und technisch möglich ist.

Gleichzeitig haben die Projektgegner eine Reihe von fundierten Gründen gegen S 21 und die NBS vorgetragen und vor allem auf Risiken, Mängel und Probleme der S 21-Projektion hingewiesen. Dies betrifft zunächst vor allem die knappe Dimensionierung des Tiefbahnhofs mit nur 8 Gleisen im Hinblick auf die prognostizierte und gewünschte Zunahme des Personenverkehrs.

Dasselbe gilt für den zweigleisigen Ausbau weiterer Strecken im Bereich des Flughafens und der sogenannten Wendlinger Kurve und die Beseitigung des Engpasses zwischen Zuffenhausen und dem Tiefbahnhof. Beachtliche Verbesserungsvorschläge betreffen die Notwendigkeit von kreuzungsfreien Einfahrten in den Tiefbahnhof. Ich empfehle der Bahn, aus diesen und anderen berechtigten Kritikpunkten Konsequenzen zu ziehen.

Die Gegner von Stuttgart 21 haben in den Schlichtungsgesprächen deutlich machen können, dass es mit dem Kopfbahnhof 21 eine durchaus attraktive Alternative gibt, es gibt jedoch ganz konkrete Nachteile. Der am schwersten wiegende Nachteil liegt darin, dass aus heutiger Sicht eine Verwirklichung des Kopfbahnhofs 21 nicht als gesichert angenommen werden kann, da weder ausreichende Planungen und deshalb auch keine Planfeststellungen, also Baugenehmigungen vorliegen.

Zudem ist die Finanzierungsgrundlage logischerweise dann auch nicht gegeben, in der Schlichtungsrunde wurden zudem die Kosten für einen Kopfbahnhof 21 sehr unterschiedlich eingeschätzt.

Für Stuttgart 21 dagegen gibt es eine Baugenehmigung, und dies ist für die Deutsche Bahn AG gleichbedeutend mit einem Baurecht. Es wäre zwar theoretisch möglich, den Bau des Tiefbahnhofs politisch zu torpedieren, aber die rechtliche Situation scheint mir eindeutig: Der Bau von Stuttgart 21 käme nur dann nicht, wenn die Bahn AG freiwillig darauf verzichten würde. Dazu ist die Bahn nicht bereit, das war zu erwarten. Herr Dr. Kefer hat für den Fall eines Projektausstiegs in den vorletzten Schlichtungsrunde am letzten Freitag bereits eine umfassende gerichtliche Klage angekündigt.

Bei einem Ausstieg aus Stuttgart 21 entstünden den Projektträgern, insbesondere der Bahn AG, hohe Kosten, die von den S21-Gegnern auf 600 Millionen Euro, von der Bahn auf gut 2,8 Milliarden Euro beziffert werden. Deshalb haben wir diese Frage von drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften einer Plausibilitätsprüfung unterziehen lassen: Eine der Gesellschaften kommt zu der Auffassung, dass ein Ausstieg rund 1 Milliarde Euro kosten würde, die beiden anderen gehen sogar von 1,5 Milliarden Euro aus. Das ist viel Geld dafür, dass man am Ende nichts bekommt.

Die Plausibilität der Kosten von Stuttgart 21 hat zwar Risiken deutlich aufgezeigt, in der Summe aber keinen wirklich überzeugenden Anhaltspunkt dafür gebracht das Projekt aus Kostengründen zum jetzigen Zeitpunkt doch noch zu stoppen. Einen Kompromiss zwischen Stuttgart 21 und einem Kopfbahnhof 21 kann es nicht geben, die Gründe hierfür habe ich dargelegt. Also kann eine Chance zur Verkleinerung des vorhandenen Konfliktpotenzials und eine Entschärfung des Konflikts nur noch darin gesucht und gefunden werden, wichtige und berechtigte Kritikpunkte der S21-Gegner aufzugreifen, offensichtliche Schwachstellen zu beseitigen und Stuttgart 21 als Bahnknoten im Interesse der Menschen deutlich leistungsfähiger, baulich attraktiver, umweltfreundlicher, behindertenfreundlicher und sicherer zu machen-zu Stuttgart 21 PLUS.

10. Ich kann den Bau des Tiefbahnhofs nur befürworten, wenn entscheidende Verbesserungen an dem ursprünglichen Projekt vorgenommen werden, also aus Stuttgart 21 ein Stuttgart 21 PLUS wird. In der Schlichtung ist auch noch einmal klar geworden, dass der Tiefbahnhof nur dann einen Sinn hat, wenn gleichzeitig die Neubaustrecke zwischen Ulm-Wendlungen verwirklicht wird. Bis 2016 ist die Finanzierung durch die Bahn und das Land Baden-Württemberg sichergestellt.

Ab 2016 wird sich der Bund an den Gesamtkosten von 2,9 Milliarden Euro mit 1,8 Milliarden Euro beteiligen. Nach Auskunft des Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Verkehr Winfried Hermann im Schlichtungsverfahren ist jedoch die Finanzierung durch den Bund nicht abschließend gesichert. Diese Aussage basiert allerdings auf einer Prognose für das Jahr 2016 und unterstellt, dass die dann vorhandene Mehrheit im Deutschen Bundestag aus dem Projekt aussteigen würde. Es kann natürlich auch gerade umgekehrt sein. Infolgedessen können solche Annahmen nicht Grundlage des Schlichterspruches sein.

Es steht fest, dass von den sieben Planfeststellungsabschnitten für die Neubaustrecke von Wendungen vier sich noch im Planfeststellungsverfahren befinden. Da die Neubaustrecke eine zwingende Voraussetzung für den Tiefbahnhof bedeutet und die Bahn mit den Bauarbeiten fortfahren will, ist es vordringlich, daß die Projektträger für die Neubaustrecke so rasch wie möglich für die rechtliche und finanzielle Absicherung der Neubaustrecke Sorge tragen.

11. Für die Fortführung des Baues von S 21 halte ich aus den genannten Gründen folgende Verbesserungen für unabdingbar:

  1. Die durch den Gleisabbau frei werdenden Grundstücke werden der Grundstücksspekulation entzogen und daher in eine Stiftung überführt, in deren Stiftungszweck folgende Ziele festgeschrieben werden müssen: - Erhaltung einer Frischluftschneise für die Stuttgarter Innenstadt. - Die übrigen Flächen müssen ökologisch, familien- und kinderfreundlich, mehrgenerationengerecht, barrierefrei und zu erschwinglichen Preisen bebaut werden. - Für notwendig halte ich eine offene Parkanlage mit großen Schotterflächen
  2. Die Bäume im Schloßgarten bleiben erhalten. Es dürfen nur diejenigen Bäume gefällt werden, die ohnehin wegen Krankheiten, Altersschwäche in der nächsten Zeit absterben würden. Wenn Bäume durch den Neubau existentiell gefährdet sind, werden sie in eine geeignete Zone verpflanzt. Die Stadt sollte für diese Entscheidungen ein Mediationsverfahren mit Bürgerbeteiligung vorsehen. 
  3. Die Gäubahn bleibt aus landschaftlichen, ökologischen und verkehrlichen Gesichtspunkten erhalten und wird leistungsfähig, z.B. über den Bahnhof Feuerbach, an den Tiefbahnhof angebunden. 
  4. Im Bahnhof selber wird die Verkehrssicherheit entscheidend verbessert. Im Interesse von Behinderten, Familien mit Kindern, älteren und kranken Menschen müssen die Durchgänge gemessen an der bisherigen Planfeststellung verbreitert, die Fluchtwege sind barrierefrei zu machen 
  5. Die bisher vorgesehenen Maßnahmen im Bahnhof und in den Tunnels zum Brandschutz und zur Entrauchung müssen verbessert werden. Die Vorschläge der Stuttgarter Feuerwehr werden berücksichtigt
  6. Für das Streckennetz sind folgende Verbesserungen vorzusehen: - Erweiterung des Tiefbahnhofs um ein 9. und 10. Gleis. - Zweigleisige westliche Anbindung des Flughafen Fernbahnhofs an die Neubaustrecke - Zweigleisige und kreuzungsfrei angebundene Wendlinger Kurve - Anbindung der bestehenden Ferngleise von Zuffenhausen an den neuen Tunnel von Bad Canstatt zum Hauptbahnhof. - Ausrüstung aller Strecken von S 21 bis Wendungen zusätzlich mit konventioneller Leit- und Sicherungstechnik. 

12. Die Deutsche Bahn AG verpflichtet sich, einen Streßtest für den geplanten Bahnknoten Stuttgart 21 anhand einer Simulation durchzuführen. Sie muß dabei den Nachweis führen, daß ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich ist. Dabei müssen anerkannte Standards des Bahnverkehrs für Zugfolgen, Haltezeiten und Fahrzeiten zur Anwendung kommen. Auch für den Fall einer Sperrung des S-Bahn-Tunnels oder des Fildertunnels muß ein funktionierendes Notfallkonzept vorgelegt werden. Die Projektträger verpflichten sich, alle Ergänzungen der Infrastruktur, die sich aus den Ergebnissen der Simulation als notwendig erweisen, bis zur Inbetriebnahme von S 21 herzustellen. Welche der von mir vorgeschlagenen Baumaßnahmen zur Verbesserung der Strecken bis zur Inbetriebnahme von S 21 realisiert werden, hängt von den Ergebnissen der Simulation ab. Diese von mir vorgetragenen Vorschläge in den Ziffern 11 und 12 werden von beiden Seiten für notwendig gehalten.

13. Aller Voraussicht nach wird der Bau des Bahnhofs S 21 fortgesetzt werden. Ein Baustopp bis zur Landtagswahl ist sowohl von der Bahn wie von der Landesregierung abgelehnt worden. Es ist damit zu rechnen, dass der Protest trotz S 21 PLUS anhalten wird. Es ist nicht auszuschließen, daß es bei bestimmten Bautätigkeiten zu Konfliktsituationen kommen kann. Nach den positiven Erfahrungen in dieser Schlichtungsrunde rege ich an, eine situationsbedingte Schlichtung in ähnlicher Zusammensetzung unter Vorsitz eines Moderators, z. B. den Bischöfen oder eines Vertreters der Robert-Bosch-Stiftung, vorzusehen.

Die Schlichtung als solche, die Art und Weise der Diskussion, hat in der Bevölkerung ein überaus positives Echo gefunden. Dies könnte für den kommenden Wahlkampf ein Hinweis dafür sein, dass die Wahlchancen, je nachdem, wie sich die Parteien benehmen, umso größer werden, je mehr die Diskussionen um den Hauptbahnhof Stuttgart auf dem Niveau der jetzt zu Ende gehen Schlichtung geführt werden. Ich danke den Teilnehmern der Schlichtung und den Sachverständigen für die auf hohem Niveau geführten sachlichen Debatten.

Sie haben der Demokratie im allgemeinen und der bürgerschaftlichen Verständigung in dieser schönen Stadt einen großen Dienst erwiesen. Ich danke der Stadt Stuttgart und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren unermüdlichen Einsatz, die herzliche Gastfreundschaft und den kaum zu überbietenden perfekten Service. Der Dank gilt ebenso den Stenographen, der Presse und den Fernsehanstalten, die diesem Demokratieexperiment zu einer großen Publizität und zu einem entsprechenden Erfolg verholfen haben. Ich wünsche dem Stuttgarter Demokratie-Modell eine weite Verbreitung in Deutschland.

Dienstag, 30. November 2010

Kosteneinsparungen bei Stuttgart 21

2009 hat Bahnchef Grube die Kosten für Stuttgart 21 neu berechnen lassen, denn die Kosten drohten die Sollbruchstelle von 4,5 Mrd. EUR zu überschreiten, die das Projekt beendet hätte. Die neuberechneten Kosten belaufen sich seit dem auf 4,1 Mrd. EUR. Die Bahn gab bekannt, dass sich ein Kosteneinsparungspotenzial von ca. 900 Mio. EUR ergeben hat, das hauptsächlich durch niedrigere Einkaufspreise von Stahl und Beton erzielbar ist. Bemerkenswert ist, dass just zu dem Zeitpunkt der Neuberechnung im Jahr 2009 unter Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise die Stahlpreise (und Betonpreise) auf ein zwischenzeitliches Tief fielen. Mittlerweile boomt die Wirtschaft in Deutschland und vielen Ländern Asiens wieder und die Stahlpreise haben sich deutlich erholt, sie sind seit Mitte 2009 bereits über 50% gestiegen. Ein Großteil des von der Bahn benannten Einsparpotenzials dürfte sich damit in Luft aufgelöst haben.

Glaubt man den Analysten der Stahlbranche, so dürften auch bald wieder Höchstpreise am Stahlmarkt aufgerufen werden, dann ist das Einsparpotenzial nicht nur verpufft, sondern ergeben sich Kostensteigerungen! 

Entwicklung des Stahlpreises. Quelle: stahlbroker.de



Entwicklung Weltstahlpreise. Quelle: www.worldsteelprices.com

Montag, 29. November 2010

Die fünf größten Schwachstellen von Stuttgart 21

In Stuttgart wird viel diskutiert über Parkbäume, Geologie und Anhydrit, Stadtentwicklung zumutbare Belastung durch Dauerbaustellen. Das Hauptproblem von Stuttgart 21 sind aber die konzeptionellen Schwachstellen des Projektes.

Finanzierung - es gibt keine Beteiligung der Bahn an den Mehrkosten. Welches Interesse hat die Bahn die Kosten im Rahmen zu halten?

Planung - nicht der Bedarf stand am Anfang sondern die Idee der Finanzierung des neuen Bahnhofs durch Grundstücksverkäufe. Nachdem die Erlöse aus dem Grundstücksverkauf nur einen Bruchteil der Kosten von Stuttgart 21 erlösen (ca. 10%) wurde bei der Dimensionierung des Projektes so gespart, dass eine Lösung herauskommt, die dem alten Bahnhof bzgl. Kapazität nicht überlegen ist.

Unnötige Abhängigkeit zweier Projekte - die NBS Wendlingen-Ulm funktioniert auch ohne den Umbau des Bahnknotens. Doch wurde die NBS unnötigerweise auf dem Papier abhängig gemacht von Stuttgart 21. Zu einer NBS Wendlingen-Ulm alleine gäbe es kaum einen breiten Widerstand in der Bevölkerung.

Zuständigkeiten - Die Bahn ist Bauherr, aber nicht der Hauptfinanzier. Während bei der Neubaustrecke noch klar ist, der Fernverkehr ist Bundesangelegenheit (warum zahlt dann das Land eigentlich über 1/3 der Kosten?) wird bei Stuttgart 21 die Verantwortung zwischen den Projektbeteiligten Bahn, Bund, Land und Stadt hin und her geschoben. Wenn es kritisch wird, duckt man sich und verweist auf die anderen.

Transparenz, Kommunikation und demokratische Legitimierung - Transparenz bei Stuttgart 21 wurde 15 Jahre lang nicht groß geschrieben, das erkennen nun auch MP Mappus, OB Schuster und andere. Die mangelnde Transparenz und Geheimniskrämerei ging so weit, dass den Abgeordneten der Parlamente (Bundestag, Landtag, Regionalparlament und Gemeinderat) viele Informationen, die nun in der Schlichtung öffentlich wurden vorenthalten wurden.

Samstag, 27. November 2010

Resümee der Schlichtung zu Stuttgart 21

Am heutigen Samstag war die vorletzte Schlichtungsrunde zu Stuttgart 21. Am kommenden Dienstag gibt es noch eine letztes Zusammentreffen der Beteiligten im Rahmen der Schlichtung und der mit Spannung erwartete Schlichterspruch von Heiner Geißler. Wobei der Schlichterspruch doch eher "nur" eie Empfehlung sein kann, eine echte Schlichtung im Sinne eines Kompromisses zwischen Durchgangsbahnhof und Kopfbahnhof kann es ja gar nicht geben.

Ich glaube, die Schlichtung zu Stuttgart 21 kann tatsächlich ein Modell für eine öffentliche Auseinandersetzung zu großen öffentlichen Projekten sein. Dann freilich in einer früheren Planungsphase bevor die Verträge unterschrieben sind. Eine öffentliche Übertragung im Fernsehen wird nicht immer möglich sein, aber eine Übertragung im Internet ist durchaus machbar.

Was hat die Schlichtung gezeigt?

Geologie - Neubaustrecke und Stuttgart 21 sind machbar, auch die geologischen Herausforderungen kann man meistern, wenn man bereit ist einen entsprechenden Aufwand zu betreiben. Es ist offen geblieben und zu bezweifeln, ob die Kostenschätzung den notwendigen Aufwand hinreichend berücksichtigen.

Kostenschätzung - die Kostenschätzungen sind den drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zuu Folge sehr positiv angenommen. Risiken nur bedingt berücksichtigt.

Nutzen - der Nutzen von NBS und Stuttgart 21 ist nur unter sehr optimistischen Annahmen größer als die Kosten. Kommt Stuttgart 21 und so sieht es nach wie vor aus, wird es sich zeigen, ob die optimistischen Annahmen Realität werden.

Leistungsfähigkeit Bahnhof Stuttgart 21 - nach 15 Jahren Planung und Planungskosten von über 300 Mio. € konnte die Bahn nicht darstellen, dass Stuttgart 21 wesentlich leistungsfähiger ist als der heutige Bahnhof. Weitere Kapazitäten sind nur mit teueren Erweiterungen zu erzielen.

Alternative Kopfbahnhof 21 - das Alternativkonzept K21 bietet einen Leistungsfähigeren Bahnhof bei geringeren Kosten als Stuttgart 21. Bemerkenswert, dass das Konzept, das ehrenamtlich erstellt wurde auch von den Experten der Bahn nicht auseinandergenommen werden konnte.

Demokratischer Entscheidungsprozess - auch wenn in der Schlichtung wahrscheinlich immer noch nicht alle Fakten auf den Tisch kamen, hat die Öffentlichkeit doch einige Details erfahren können, die davor nicht öffentlich waren. Interessant ist auch, dass der demokratische Entscheidungsprozess leider auf falschen Informationen für die jeweiligen Abgeorndete basierte. Die kosten waren gegenüber dem heute bekannte zu niedrig angesetzt und das Versprechen einen um 33% Leistungsfähigeren Bahnhof zu erhalten war ein leeres. Unternehmen würden in so einem Fall gegebenenfalls eine Entscheidung revidieren, den demokratischen Institutionen wird diese Möglichekeit vorenthalten.

Wir sind gespannt auf den kommenden Dienstag und Heiner Geißler.

Montag, 15. November 2010

Stuttgart 21 - die Argumente, Buch von Wolfgang Schorlau

Der Stuttgarter Krimiautor Wolfgang Schorlau hat ein Buch zum Thema "Stuttgart 21" herausgegeben. Das Buch enthält unter anderem Beiträge von Klaus Arnoldi, Joe Bauer, Karl-Dieter Bodack, Peter Conradi, Susanne Eisenmann, Josef-Otto Freudenreich, Vincent Klink, Guntrun Müller-Enßli, Boris Palmer u.A.

Der Inhalt wird vom Verlag Kiepenheuer&Witsch wie folgt beschrieben: 

Was ist "Stuttgart 21" wirklich? Eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte Deutschlands – oder nur ein Vorwand, um mehr als 10 Milliarden Euro öffentlicher Gelder in die Kassen von Banken, Immobilienfirmen und Baukonzernen zu transferieren? Ist der Protest gegen die Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofs wirklich eine Bedrohung für die parlamentarische Demokratie oder birgt er neue Chancen für deren Weiterentwicklung?

Dieses Buch bündelt die Argumente gegen »Stuttgart 21« und dokumentiert eine beispiellose demokratische Protestbewegung. Mehr als dreißig Autoren melden Kritik an unter bahntechnischen, ökologischen, finanziellen, denkmalschützerischen, verkehrs- und stadtplanerischen sowie architektonischen Gesichtspunkten. Sie entwickeln Alternativen zu dem umstrittenen Megaprojekt und zu einer verfehlten Bahnpolitik.




Sonntag, 24. Oktober 2010

S21 bringt Verkehr von der Straße auf die Bahn und reduziert den CO2-Ausstoß

Von Seiten der Projektverantwortlichen wird immer wieder herausgestellt, dass Stuttgart 21 Verkehr von der Straße auf die Bahn bringt. Aus ökologischen Gesichtspunkten ist es natürlich absolut wünschenswert Verkehr von der Straße zur umweltfreundlichen Bahn zu verlagern.

Leider sind die in dem Zusammenhang genannten Zahlen des ökologischen Wertes des Projektes Stuttgart 21 recht unterschiedlich, wenig glaubwürdig oder sogar widersprüchlich. Im Schlichtungsgespräch am vergangenen Freitag (22.10.2010) und nachzulesen auf der Projektseite, erklärte Bahn-Vorstand Kefer "Rund 2 Millionen zusätzliche Fahrgäste durch S21 und die NBS Wendlingen-Ulm" zu gewinnen, dies solle zu einer "Einsparung von ca. 100 Tsd. Tonnen CO2 pro Jahr" führen. Im Jahr 2006 war in Deutschland der Flottenmix des CO2-Ausstoß  im Fernverkehr ca. 200 g/km für Pkw. Zur Fertigstellung von Stuttgart 21 im Jahr 2019/2020 wird der CO2-Ausstoß durch neue Hybrid-Technologien etc. sicherlich deutlich geringer sein, schon heute ist der Durchschnittsausstoß der Neuzulassungen bei ca. 160 g/km, im dritten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts sind somit 150 g/km CO2 als Flottenmix sicher realistisch. Die Bahn ist selbst natürlich auch nicht emissionsfrei, nach eigenen Angaben erzeugt ein Personenkilometer bei der Bahn ca. 50 g/km CO2. Sollten die 2 Millionen zusätzlichen Bahnfahrgäste im Jahr tatsächlich 100.000 Tonnen CO2 einsparen, bedeutet dies, bei einem Netto-Mehrausstoß von 100 g/km (= 150 g/km - 50 g/km), dass diese 1.000.000.000 km mit der Bahn statt mit dem Auto fahren müssten, das ist eine durchschnittliche Fahrstrecke von 500 km! Eine beachtliche Durchschnittsstrecke, dafür, dass ja auch der Nahverkehr durch Stuttgart 21 attraktiver werden soll.

Die Zahlen scheinen doch nicht so recht zueinander zu passen.

Montag, 11. Oktober 2010

Was würde ein Ende von Stuttgart 21 für die Region bedeuten?

Die Befürworter des Projektes Stuttgart 21 befürchten, dass ein Ausstieg aus dem Projekt einen jahrelangen Stillstand bei Bahnprojekten in der Region zur Folge hätte, da die Gelder anders verwendet werden würden. Es ist sicherlich zu befürchten, dass die politischen Befürworter von S21 und die Bahn trotzig reagieren und tatsächlich die Region Stuttgart im Falle eines Projektendes durch Ignoranz „bestrafen“ werden. Würden nach einem Projektende allerdings alle Beteiligten – Stuttgart 21 Befürworter wie Gegner – an einem Strang ziehen, wäre auch folgendes Szenario möglich:

1. Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird nach einem zügigen Abschluss der ausstehenden Planfeststellungsverfahren gebaut. Die Neubaustrecke macht auch ohne den Umbau des Bahnknotens Sinn, wie geplant würde diese 2019/2020 fertiggestellt. Die Reisezeit zwischen Stuttgart und Ulm über NBS und Neckartal würde sich auf ca. 34 Minuten reduzieren, geringfügig mehr als mit dem Umbau des Bahnknotens, aber ca. 20 Minuten weniger als heute. Für diesen Abschnitt sind die Planungen weitestgehend abgeschlossen und die Finanzierung steht.
Bereits getätigte Investitionen für diesen Abschnitt in der Höhe von ca. 170 Mio. Euro wären nicht vergeudet.

2. Bahn, Stadt, Land und Bund einigen sich auf eine Ertüchtigung des alten Kopfbahnhofs samt Gleisvorfeld. Wenn es 1995 als realistisch eingeschätzt wurde bei entsprechendem Willen, dass Stuttgart 21 2008 hätte fertig gestellt werden können, müsste diese Planungs- und Bauzeit auch für eine Erneuerung des Kopfbahnhofs möglich sein. Dass Stuttgart 21 nicht 2008 fertig gestellt wurde, liegt ja vor allem daran, dass Ende der 90er die Bahn das Projekt gar nicht mehr weiterverfolgt hatte und danach bis 2004 ewig über die Finanzierung diskutiert wurde. Würde also mit vereinten Kräften an Finanzierung, Planung und Bau der Modernisierung des Kopfbahnhofs gearbeitet werden, so könnte ausgehend von einer 13 jährigen Planungs- und Bauzeit 2024 der erneuerte Bahnhof fertig gestellt werden, ca. vier Jahre später als die derzeitig geplante Fertigstellung von Stuttgart 21.
In diesem Falle müssten die laut Bahn bereits entstandenen 260 Mio. Euro Planungskosten weitestgehend abgeschrieben werden. Die Erneuerung des Kopfbahnhofs würde laut Bahn ca. 1,5 Mrd. Euro kosten.

3. Gegebenenfalls könnte zusätzlich noch die im Kopfbahnhof 21 vorgesehene Filderauffahrt und/oder der Flughafenanschluss realisiert werden – vorausgesetzt die Beteiligten sind bereit die Kosten dafür aufzubringen.

4. Die Areal A1, und innerer Nordbahnhof können wie geplant für die Stadtentwicklung genutzt werden. Das Postgelände könnte als Parkerweiterung dienen. Zusammen 30-35 Hektar.

Etliche Vorteile von Stuttgart 21, wie die verkürzte Reisezeit zwischen Stuttgart und Ulm, die Entlastung des Filstals, die Modernisierung des Bahnhofs und die Stadtentwicklung wären also trotz Abschreibungen auf die Planungen für ca. 4,65 Mrd. Euro statt 7 Mrd. Euro zu haben! Und viele Vorteile wären bereits 2019/2020 realisiert, ein weiterer Teil ca. vier Jahre später.

Vielleicht ist das ja eine Idee für Herrn Geissler als Schlichter.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Warum werden öffentliche Projekte oft viel teurer?

Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 befürchten Kritiker, dass das Projekt am Ende viel teurer wird als geplant. Der derzeitige Planungsstand der Deutschen Bahn für den Umbau des Bahnknotens in Stuttgart beläuft sich auf ca. 4,1 Mrd. Euro, bereits deutlich mehr als zunächst angenommen. Bundesrechnungshof, Bundesumweltamt und das Beratungsunternehmen Vieregg & Rössler gehen von weit höheren Kosten aus.

Dass an den Kostenschätzungen der Deutschen Bahn gezweifelt wird, liegt sicher daran, dass bei fast allen öffentlichen Bauprojekten am Ende die Kosten höher sind als zunächst angenommen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat dem Thema heute einen ganzseitigen Artikel gewidmet. Im Artikel wird mehrmals Prof. Werner Rothengatter zitiert, der einerseits in einer Wirtschaftlichkeitsstudie aus Sicht des Landes Baden-Württemberg zum Schluß kommt, Stuttgart 21 sei wirtschaftlich, gleichzeitig aber auch kritisiert, wie bei öffentlichen Projekten "... in den Ministerien und Behörden willkürlich Zahlenwerke zurechtgebogen und Risiken vertuscht..." werden. Laut einer Studie die von Prof. Rothengatter miterstellt wurde, werden öffentliche Projekte im Schnitt 50% teurer als geplant, während gleichzeitig der spätere reale Nutzen im Schnitt 30% geringer ist, als zunächst veranschlagt.     

Hier der komplette lesenswerte Artikel aus der FASZ, zum vergrößern bitte anklicken.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, S. 44 vom 10.10.2010

Der Hörfunkbeitrag des SWR2 Die Kostentrickser hat das gleiche Thema behandelt.

Freitag, 8. Oktober 2010

Bringt Stuttgart 21 Aufträge für die Wirtschaft in der Region Stuttgart?

Auf der Seite des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm werden die bisher für das Projekt Stuttgart 21 beauftragten  Firmen aufgeführt. Derzeit handelt es sich wohl um 10 Unternehmen. Leider kommt nur eines davon aus der Region.

   BalfourBeatty   
   81373 München

   Duensing       
   31535 Neustadt / Eilvese
     
   Hölscher Wasserbau   
   49733 Haren
     
   Klenk       
   64397 Modautal

   Klostermann       
   59071 Hamm-Uentrop

   Sersa GmbH       
   CH-8048 Zürich, Schweiz      

   Terrasond       
   89312 Günzburg-Deffingen
     
   Thales              
   92526 Neuilly-sur-Seine Cedex, Frankreich
      
   Walthelm       
   90482 Nürnberg

   Wolff & Müller   
   70435 Stuttgart

Natürlich gibt es Vergaberichtlinien und Ausschreibungen für die einzelnen Gewerke, diese werde z.T. europaweit ausgeschreiben. Wenn man allerdings weiß, dass 90% der beteiligten Unternehmen von außerhalb kommen, darf man nicht behaupten, dass das gesamte Investitionsvolumen der Region zu gute kommt!

Dienstag, 5. Oktober 2010

Wirtschaftliche Bedeutung Stuttgart 21 für den Flughafen Stuttgart

Welche Erwartungen hat die Flughafengesellschaft bzgl. des Anschluss an das Fernverkehrsnetz durch das Projekt Stuttgart 21? Rentieren sich die Erwartungen an zusätzliches Passagieraufkommen bezogen auf die durch die Flughafengesellschaft getätigte Investitionen im Rahmen des Projektes Stuttgart 21?

Ein Blick in den Geschäftsbericht von 2009:

Die FSG, die insgesamt 359 Millionen Euro in das Projekt investiert, erwartet von dem vorgesehenen ICE-Bahnhof am Flughafen eine enorme Standortverbesserung für die gesamte Filderregion. Nach Expertisen von Intraplan Consult GmbH ermöglicht der neue Anschluss an das Hochgeschwindigkeits- und Regionalzugnetz bis zu 1,5 Millionen zusätzliche Fluggäste aus einem vergrößerten Einzugsbereich und besserer Erreichbarkeit.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 9)

In den Finanzierungsvereinbarungen zu Stuttgart 21 ist für den Flughafen eine Beteiligung von ca. 339 Mio. EUR vorgesehen. Die Differenz zu den im Geschäftsbericht erwähnten 359 Mio. EUR sind demzufolge an anderer Stelle vage beschriebene zusätzliche Leistungen der Flughafengesellschaft zur Schaffung peripherer Infrastruktur um den zu bauenden Fernbahnhof.

Weiter kann diesem Absatz entnommen werden, dass die Flughafengesellschaft von 1,5 Millionen zusätzlicher Fluggäste pro Jahr ausgeht.

Weiter sind im Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft folgende Passagen zu lesen:

Die Flughafengesellschaft plant für den Zeitraum bis 2019 ein Investitionsvolumen von ca. 316 Mio. m. Darin enthalten sind Investitionszuschüsse in Höhe von ca. 108 Mio. m an die DB Netz AG für das Projekt Stuttgart 21 und die Anbindung des Flughafens Stuttgart an die europäische Fernbahntrasse. Weitere Zahlungen von bis zu ca. 119 Mio. m sind ab dem Jahr 2020 fällig. Dadurch kann der Flughafen Stuttgart gegenüber den Flughäfen Frankfurt, München und Zürich im Wettbewerb besser bestehen und zusätzliche Fluggastpotenziale erschließen. Die Investition ist deshalb wirtschaftlich vorteilhaft.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 13)

Die Flughafengesellschaft spricht also davon dass die Investition wirtschaftlich vorteilhaft sei und nicht davon, dass sich die Investition rentiert!

Ich möchte im Folgenden eine genauere Rechnung zur Rentabilität von Stuttgart 21 für den Flughafen aufstellen.

Die Finanzierung von Stuttgart 21 durch die Flughafengesellschaft sieht im Detail wie folgt aus. Die Zahlungsströme sind der Mitteilung der Landesregierung an die Landtagsabgeordnete zu den Finanzierungsverträgen zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm entnommen und um Informationen aus dem Geschäftsbericht des Flughafens ergänzt.

Jahr   Zahlung
    (Mio. EUR)
2008112.242.000
20090
20100
20112.900.000
20122.900.000
20132.900.000
20142.900.000
20152.900.000
20162.900.000
20172.900.000
201845.200.000
201942.300.000
2020119.400.000


Für die Erträge wird der Passagierzuwachs wie im Geschäftsbericht genannt angenommen, wobei für die ersten zwei Jahre nach Fertigstellung zunächst von einer Anlaufphase mit einem schrittweisen Anstieg auf das von der Flughafengesellschaft erwarteten zusätzlichen Passagieraufkommen ausgegangen wird.

Jahr  zusätzliches
    Passagieraufkommen
20200,7 Mio.
20211,2 Mio.
ab 20221,5 Mio.


Aus dem Geschäftsbericht 2009 lassen sich pro Passagier für die Jahre 2005 bis 2009 ein durchschnittlicher Umsatz von 21,76 EUR und ein durchschnittlicher Gewinn von 2,47 EUR entnehmen. Dieser Gewinn pro Passagier soll für die Berechnung der Erträge herangezogen werden.

Weiter wird bei der Berechnung von einer Jährlichen Inflationsrate von 1,5% ausgegangen und die zukünftigen Kosten wie auch Erträge werden mit 6% abdiskontiert, was eine hohe Gewissheit der Kosten und Erträge unterstellt.

Hieraus ergibt sich ein Barwert für Investitionen und Erträge bis zum Jahr 2050 von ca. -222 Mio. EUR.! Kein privatwirtschaftliches Unternehmen könnte und würde solch ein Engagement eingehen. Die Flughafengesellschaft wird hier durch die Eigentümer geradezu asugequetscht, wie man es sonst nur von Finanzinvestoren (auch Heuschrecken genannt) kennt.


Ganz offensichtlich ist die Beteiligung der Flughafengesellschaft am Projekt Stuttgart 21 für diese nicht rentabel. Vielmehr geht es wohl darum die Höhe der direkten Steuermittel, die in das Projekt Stuttgart 21 fließen, niedriger erscheinen zu lassen. Freilich sind die Finanzierungsmittel der Flughafengesellschaft genauso öffentliche Gelder, gehört die Flughafengesellschaft doch Stadt und Land.

Noch eine Überlegung, was 1,5 Mio. zusätzliche Passagiere für die Kapazität des Flughafens bedeutet: 2007 hatte der Flughafen 10,3 Mio. Passagiere, mit dem von der Flughafengesellschaft angenommenen jährlichen Wachstum des Passagieraufkommens von 2% und der erwarteten Passagierzunahme durch Stuttgart 21, ergibt sich dann ein jährliches Passagieraufkommen von ca. 14,0 Mio. Passagieren. Sind die heutigen Kapazitäten dafür ausreichend? Alle anderen Verkehrsflughäfen in Deutschland mit einem vergleichbaren Verkehrsaufkommen (Berlin-Tegel, Düsseldorf, Hamburg, Köln/Bonn) haben zwei Startbahnen. Eine Erweiterung des Flughafens Stuttgart-Echterdingen um eine zweite Startbahn wird damit wahrscheinlicher, bzw. der avisierte Passagierzuwachs lässt sich sonst gar nicht realisieren!

Quellen:
Geschäftsbericht Flughafen Gesellschaft
Mitteilung der Landesregierung zur Finanzierung von S21

Montag, 4. Oktober 2010

Stuttgart 21: Hintergrundinformationen zum Baumbestand in Stuttgarter Parks

In der Ausgabe vom 30. September 2010 liefert das Stuttgarter Amtsblatt Hintergrundinformationen zum Baumbestand in Stuttgarter Parks und Grünanlagen und damit verbundenen jährlichen Pflegemaßnahmen.
Quelle: Stuttgarter Amtsblatt 30.9.2010, Seite 3
Nachdem laut dem Amtsblatt im Schloßgarten und Rosensteinpark heute rund 3880 Bäume auf ca. 100 Hektar stehen, ist es allerdings schwer nachzuvollziehen, dass auf den 20 Hektar der Parkerweiterung einmal 5000 Bäume stehen sollen.

Die mögliche Verpflanzung alter Bäume ist übrigens eine neue Option, die wohl nicht zuletzt als Reaktion auf die anhaltendenen Demonstrationen gesehen werden muss.

Dazu auch der Artikel 5000 Bäume für Stuttgart 21.

Freitag, 24. September 2010

Jobmotor Stuttgart 21

Im Image-Blättchen "Dialog 21" des Kommunikationsbüros, das ich heute in meinem Briefkasten fand, wird Stuttgart 21 als Jobmotor bezeichnet mit dem Hinweis der Neueinstellungen der Bahn.

Wir erinnern uns, während der Bauzeit sollen 7000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein kurzer Blick auf den Karriere-Teil der Bahn-Website ist ernüchternd: Es sind genau 23 Stellen ausgeschrieben.

Werden durch Stuttgart 21 Reisende vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen?

Immer wieder ist als Argument für Stuttgart 21 zu hören, dass ein besonders umweltfreundlicher Aspekt darin liegt, dass Reisende zukünfitg vermehrt vom Flugzeug auf die Bahn umsteigen. Was wirklich wünschenswert wäre! Ich fragte das Kommunikationsbüro des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm, auf welchen Strecken denn ein Umstieg erwartet wird, die Antwortet lautet:

"Es ist das Ziel, durch eine Stärkung des Fernverkehrs, die wie beispielsweise auf der Strecke Stuttgart-Ulm zu massiven Zeitersparnissen führt, Flugreisen im Umfang von 600-700 Kilometern überflüssig zu machen."


Durch die NBS verkürzt sich die Reisezeit von Stuttgart nach Ulm und damit z.B. auch nach Wien (was ind die angegebene Distanz fällt) um ca. 25 Minuten, durch den Umbau des Knotens um weitere wenige Minuten. Bei einer heutigen Reisezeit zwischen Stuttgart und Wien von über 7 Stunden, verringert sich diese auf knapp unter 7 Stunden, das stellt insbesondere für Geschäftsreisende noch lange keine Alternative zum Flugzeug dar? Wäre es da nicht wichtiger weiteree Fernverbindungen auszubauen, als einen Hauptbahnhof?

Was erwartet der Flughafen vom Anschluß an den Fernverkehr durch Stuttgart 21?
Der Flughafen-Chef Georg Fundel wird in der Wirtschaftswoche zitiert mit folgendem Satz:

„Das bringt uns bis zu 1,5Millionen zusätzliche Passagiere.“ 

Die 1,5 Milionen zusätzliche Fluggäste beziehen sich auf ein Jahr und stellen eine Steigerung des Fluggastaufkommens von 15% - 20% dar. Dies ist auch im Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft nachzulesen. In den hochfrequentierten Morgen- und Abendstunden ist der Stutgarter Flughafen an seiner Auslastungsgrenze angekommen, wäre es da nicht nur konsequent, wenn die Landesregierung nach Stuttgart 21 auch die zweite Landebahn vorantreiben würde?

Sonntag, 19. September 2010

Was kosten große Bahnprojekte - ein Kostenvergleich

Im Zusammenhang mit Stuttgart 21 wird viel über die zu erwartenden Kosten diskutiert. Es gibt die Finanzierungsvereinbarung von Bahn, Bund, Land, Stadt, Region und Flughafen. Es gibt Kostenkalkulationen der Bahn, Gutachten des Bundesrechnungshofs, des Bundesumweltministeriums der Grünen usw. Um ein Gefühl für realistische Werte zu bekommen, hier ein Überblick über andere große Bahnprojekte, die derzeit in Bau sind, oder in den letzten 20 Jahren abgeschlossen wurden. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die Kosten für abgeschlossene Projekte mittels Inflationsrate auf das Niveau von 2010 angepasst.


ProjektLängeGesamtkosten
(Mio. Euro)
Tunnel-
anteil
Kosten pro Kilometer
(Mio. Euro)
Stuttgart 21 - NBS60 km2890 50% 48,2
Stuttgart 21 - Knoten Stgtn/a
408860%n/a
NBS Nürnberg - Ingolstadt77 km401135%53,4
NBS Frankfurt - Köln177 km707018%40,0
NBS Stuttgart - Mannheim99 km342031%34,5
Hauptbahnhof Wienn/a900n/an/a
Gotthard Basistunnel57 km8900100%157,0

NBS Nürnberg-Ingolstadt
Die Projektkosten betrugen zirka 3,6 Milliarden Euro (Preisstand: 2006). Im Jahr 1998, vor Baubeginn, wurden 2,3 Milliarden Euro kalkuliert.Die NBS hat eine Länge von77 km. Die Neubaustrecke besteht unter anderem aus 9 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 27 km und 4größeren Brückenbauwerken mit einer Gesamtlänge von 0,6 km.

Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schnellfahrstrecke_N%C3%BCrnberg%E2%80%93Ingolstadt%E2%80%93M%C3%BCnchen


NBS Frankfurt-Köln

Die Neubaustrecke Frankfurt am Main – Köln hat eine Länge von 177 km und wurde 2002 fertiggestellt. Ursprünglich veranschlagte die Bahn die Baukosten dieser in jeder Hinsicht anspruchsvollen Strecke quer durch Westerwald und Taunus entlang der Autobahn A 3 im November 1995 zunächst auf rund 9,2 Milliarden DM (4,7 Mia Euro). Die Kalkulation wurde dann um 1,5 Mrd. DM herunterkorrigiert.
Letztendlich beliefen sich die Baukosten auf 6 Milliarden Euro.

Quellen:
http://www.hochgeschwindigkeitszuege.com/deutschland/ice-schnellstrecken.php

NBS Stuttgart-Mannheim
Eine der zwei ersten Neubaustrecken für das Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn. Länge 99km, mit 15 Tunnel und mehr als 90 Brücken. führten zu Baukosten in Höhe von rund 4,3 Milliarden D-Mark (rund 2,3 Milliarden Euro; Preisstand: 1970er bis 1990er Jahre).


Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Neubaustrecke_Mannheim%E2%80%93Stuttgart
http://www.hochgeschwindigkeitszuege.com/deutschland/ice-schnellstrecken.php

Neuer Hauptbahnhof Wien
Neubau des Wiener Hauptbahnhofes an Stelle von zwei ca. rechtwinklig zusammenkommenden Kopfbahnhöfe. Neuer Bahnhof mit 10 Gleisen (Bahnsteigkanten) für ca. 1.000 Züge und 145.000 Passagiere pro Tag. Kosten ca. 900 Mio. Euro.
Zusätzlich Stadtentwicklung von frei werdenden Flächen, Finanzierung durch die Stadt Wien und private Investoren.

Quellen:
http://www.hauptbahnhof-wien.at/de/Presse/Publikationen/Folder/Faktenblatt_Juli_2009.pdf
http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2010/aktuelles/presse/kurzfassungen/wien/Kurzfassung_Wien_2010_03.pdf

Gotthard Basistunnel
Als Flachstrecke (ohne ungewöhnliche Steigungen) konzipierte Alpenquerung, ausgelegt für 250 km/h. Länge des Tunnelbauwerks 57 km. Bauzeit 1996–2017. Geplante Kosten 11700 Mio Sfr. (8,9 Mrd. Euro - 1,31 SFR/EUR), dies entspricht 157 Mio. Euro pro Tunnelkilometer.

Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard-Basistunnel
http://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_Eisenbahnprojekte#NEAT

Kostennormierung
Die Kosten für abgeschlossene Projekte wurden auf 2010 "normiert" durch die Anpassung mittels Preisentwicklung für den Bereich Bau, veröffentlicht von der Deutsche Bundesbank.

Was kostet ein Ausstieg bei Stuttgart 21?

Von der Bahn wird immer wieder angeführt ein Stopp von Stuttgart 21 kostet 1,4 Mrd. Euro (u.a. Rüdiger Grube 19.9.2010). Zu den Ausstiegskosten, gibt es aber auch andere Aussagen der Projektgegner, die diese im Bereich von 73 Mio. Euro sehen.

Ich habe versucht dem auf den Grund zu gehen und bei Dr. Stefan Kaufmann (MdB, Stuttgarter CDU-Abgeordneter und im Verkehrsausschuss des Bundestags) zu den Ausstiegskosten nachgefragt, insbesondere wie sich diese zusammensetzen.

Hier seine Antwort:

Rückabwicklung Grundstücksverkauf an die Stadt Stuttgart: rund 460 Millionen Euro;
Zinsen an die Stadt (5,5 % Zinsen seit Grundstückskauf am 21.12.2001): 284 Millionen Euro;
Bisherige Planungskosten (S21+NBS): 430 Millionen Euro (260 Millionen Euro + 170 Millionen Euro);
Bisher rechtlich verbindlich vergebene Bauaufträge: 240 Millionen Euro

In der Summe ergibt dies Stand heute rund 1,4 Milliarden Euro, falls das Projekt nicht realisiert wird.


Interessant finde ich dabei, dass die Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs an die Stadt als Kosten gesehen wird. Immerhin bekommt die Bahn dafür Ihr Grundstück zum gleichen Preis wieder, dass sie seit fast 10 Jahren mietfrei nutzt, im Falle des Ausstiegs müsste die Bahn nur für das zahlen, was sie auch genutzt hat. Selbst aus Sicht der Bahn sind die Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs keine echten Kosten, aus Sicht der Gesamtprojektträger ohnehin nicht, vielmehr bekommt die Stadt Stuttgart dadurch finanziellen Spielraum zurück.

Die Planungskosten für die NBS verlieren nicht Ihren Wert, die NBS kann auch ohne den Umbau des Stuttgarter Bahnknotens umgesetzt werden und hat auch alleine eine Daseinsberechtigung.

Und dass man aus verbindlich vergebenen Aufträgen auch mit einer Abschlagszahlung rauskommt haben all die Kunden deutscher Anlagen- und Maschinenbauer bewiesen, als es 2008 zur weltweiten Finanzkrise kam.


Damit sind die echten Kosten wohl eher bei 260 Mio. plus 240 Mio. Euro anzusetzen.

Freitag, 17. September 2010

Wirtschaftswoche Interview: Bahn-Chef Grube "Das ist Propaganda"

In der WiWo-Ausgabe vom 13.9.2010 ist ein Interview mit Bahnchef Rüdiger Grube abgedruckt.

In erster Linie verteidigt Rüdiger Grube dort sein Handeln im Hinblick auf Stuttgart 21, Bahnservice, Modernisierng der Bahn etc. Leider vertut sich Rüdiger Grube schon bei der ersten Frage:

WirtschaftsWoche: Herr Grube, können Sie die Stuttgarter verstehen, die gegen den Totalumbau des Bahnhofs demonstrieren?

Rüdiger Grube: Ehrlich gesagt, nein. Der geplante Bahnhof ist ein Geschenk an die Stadt. Die Stuttgarter finanzieren von den erwarteten Kosten von rund 4,1 Milliarden Euro selbst nur rund sechs Prozent. Wenn jemand auf die Straße gehen müsste, dann die Menschen, die außerhalb Stuttgarts leben, weil sie selbst gern ein Projekt mit so vielen positiven Effekten hätten.


6% von 4,1 Milliarden sind 246 Mio. Euro. Herr Rüdiger Grube verschweigt hier aber, dass die Stadt Stuttgart durch den frühen Kauf des Bahnhofvorfeldes und der mietfreien Überlassung des Geländes an die Bahn diese mit weiteren gut 400 Mio. Euro unterstützt. Und sollten die Kosten am Ende über 4,1 Mrd. Euro liegen, was selbst von der Bahn und Herrn Grube nicht ausgeschlossen wird, wird die Stadt über den vereinbarten Risikofonds erheblich mehr zahlen. (Details zu den wahren Kosten für die Stadt Stuttgart)

Nachdem Rüdiger Grube schon bei der ersten Frage falsch liegt, wird es auf den kommenden Seiten (3 in der Printausgabe) nicht besser, einiges was Herr Grube sagt ist einfach falsch, ansonsten weicht er gerne mal den Fragen aus.

Zum Interview

21 gute Gründe für Stuttgart 21 - Teil 4

Auf der Website zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm sind 21 Gute Gründe für Stuttgart 21 aufgeführt: http://www.das-neue-herz-europas.de/ueberblick/21gruende/default.aspx

Einige Hintergrundinformationen zu den genannten Gründen - Teil 4: 

Vorteile für uns: Als Arbeitnehmer

17. Mehr Wachstum in Region und Land
Durch das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm werden Stadt, Region und Land Teil der zentralen wirtschaftlichen Entwicklungsachse im Herzen Europas. Der Wirtschaftsstandort wird in seiner Zentralität aufgewertet. Die verbesserte Verkehrsanbindung innerhalb Europas führt zu wirtschaftlichem Wachstum.


-> Fakt ist, die Verbindungen in viele wirtschaftlich wichtige Zentren Baden-Württembergs wie Karlsruhe, Heilbronn, Ostalb; Feiburg, Rhein-Neckar profitieren kaum oder gar nicht von Stuttgart 21.
           
18. Mehr Arbeitsplätze
In den nächsten 15 Jahren werden allein in Stuttgart vier Milliarden Euro Bauvolumen für den Umbau des Bahnknotens und vier Milliarden Euro für die städtebauliche Entwicklung investiert. Das bringt die Bauwirtschaft in Schwung und schafft rund 4000 neue Arbeitsplätze. Die verkehrsgünstige Lage des Europaviertels erleichtert die Ansiedlung von Dienstleistungen mit tausenden neuen Arbeitsplätzen.


-> Fakt ist, die Arbeitsplätze im Zusammenhang mit Neubau sind entweder wenige hochqualifizierte Planer und Ingenieure bei Firmen, die nicht in Stuttgart sitzen – nur ein einziges lokales Unternehmen (Wolff & Müller) hat einen Großauftrag bekommen - oder preiswerte „Wanderarbeiter“ vornehmlich aus Osteuropa, die bestenfalls ein Bruchteil ihres Lohnes bei Lebensmitteldiscountern ausgeben und keineswegs den lokale Einzelhandel ankurbeln.

Vorteile für uns: Als Steuerzahler

19. Starke Partner
Die Deutsche Bahn, der Bund, das Land, die Landeshauptstadt Stuttgart und die Region stehen als starke Partner hinter einer soliden Planung und Finanzierung des Bahnprojekts. Erstmals bei einem Projekt dieser Größenordnung wurden Kostenrisiken schon vor Projektbeginn umfassend analysiert und finanziell abgesichert.


-> Fakt ist, auch erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird eine Neubaustrecke  des Fernverkehrs von einem Land finanziert – seither immer Bahn und Bund. Fakt ist auch, dass die Stadt Stuttgart stark finanziell belastet wird mit ca. 1 Mrd. Euro. Und dass der Flughafen Gesellschaft die Überschuldung droht. Während der „starke Partner“ Deutsche Bahn ein überschaubares und begrenztes finanzielles Risiko von ca. 1,5 Mrd- EUR übernimmt. Unvorhergesehene Kostensteigerungen übernimmt zu 100% der Bund.
           
20. Mehr Einnahmen
Durch Investitionen, neue Einwohner und neue Arbeitsplätze haben das Land und die Stadt auf Dauer deutlich mehr Einnahmen aus Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer und Grunderwerbssteuer. Das bedeutet, dass die Stadt Stuttgart langfristig mehr Steuern einnimmt, als ihr Finanzierungsanteil am Bahnprojekt kosten wird. Die Verbesserung des Wirtschaftstandorts wird zu weiteren Arbeitsplätzen und damit zu höherem Steueraufkommen führen.


-> Fakt ist, dass die Stadt ein höheres Steueraufkommen von ca. 250 Mio. EUR bis zum Jahr 2100 erwartet, dem gegenüber stehen ca. 1 Mrd. EUR Investitionen alleine für die Stadt.

Vorteile für uns: Das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm

21. Mehr Zukunft
Durch die europäische Hochgeschwindigkeitstrasse rücken wir in die Mitte Europas und können zum neuen Herz Europas werden. Das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm ist deshalb eine einmalige Jahrhundertchance, um die uns viele Städte beneiden. Die Weichen werden neu gestellt. Das investierte Geld wird langfristig hohe Zinsen tragen: für die Zukunft von Stadt, Region und Land, für uns, unsere Kinder und die kommenden Generationen.

-> Fakt ist, die zukünftigen Erträge stehen in keinem Verhältnis zu den Kosten. Stuttgart wird auch mit einem Kopfbahnhof an das internationale Fernverkehrsnetz angebunden bleiben.
 

Zu den Gründen 13-16                                                                                

21 gute Gründe für Stuttgart 21 - Teil 3

Auf der Website zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm sind 21 Gute Gründe für Stuttgart 21 aufgeführt: http://www.das-neue-herz-europas.de/ueberblick/21gruende/default.aspx

Einige Hintergrundinformationen zu den genannten Gründen - Teil 3: Vorteile für uns: Als Einwohner


13. Jahrhundertchance für die Stadtentwicklung
Wo heute noch Züge fahren, werden nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 über 100 Hektar Gleisflächen frei. Die Stadt kann sich im Zentrum neu entwickeln. Die in der Innenstadt liegenden Gleisflächen verschwinden. Die Stadtteile im Stuttgarter Norden und Osten wachsen wieder zusammen.


-> Fakt ist, die Stadt geht zunächst ein erhebliches finanzielles Risiko ein. Es wird Jahrzehnte dauern, bis die Stadtentwicklung abgeschlossen ist, realistischerweise wird dies frühestens 2040 sein, bis dahin werden die Einwohner Stuttgarts unter den permanenten Großbaustellen leiden. Zusammenwachsen werden der Norden und Osten nicht, da ja ohnehin der Park als Schneise erhalten bleiben wird.
          
14. Der neue Bahnhof setzt Zeichen
Mit dem Entwurf des Architekten Christoph Ingenhoven setzt die Bahn ein markantes Zeichen in der Landeshauptstadt. Der Tiefbahnhof mit seiner außergewöhnlichen Form und seiner mit Tageslicht durchfluteten Bahnsteighalle ist bisher einzigartig in der Architekturgeschichte. Der weithin sichtbare Bonatzbau bleibt mit dem Bahnhof verbunden.


-> Fakt ist, der Turm des Bonatzbaus bleibt ein markantes Zeichen, der neue Bahnhofsteil ist eher unscheinbar und es ist das erste Infrastrukturprojekt von Christoph Ingenhoven.
          
15. Mittendrin und doch im Grünen
Das neue Europaviertel schließt direkt an den Schloßgarten an. Umgeben vom Rosensteinpark entsteht das neue Rosensteinviertel – zentral, mit optimaler Anbindung an Schiene und Straße und mitten im Grünen. Die Stadt schafft Lebensraum in bester Lage, zum Wohnen und Arbeiten für mehr als 35.000 Menschen.


-> Fakt ist, es sind 11000 Wohnungen für 20000 Bewohner geplant. Um die Anzahl der geplanten Wohneinheiten auf der zur Verfügung stehenden Fläche zu realisieren handelt es sich in erster Linie um eine städtische Bebauung mit mindestens drei bis vier Etagen. Damit wird nur ein Teil der nachgefragten Wohntyps angeboten. In Stuttgart wurden 2009 ca. 1750 Wohneinheiten aller Typen neu geschaffen. Geht man davon aus, dass ca. 500 (ca. 30%  der neuen Wohneinheiten in 2009) jährlich auf dem Bahnareal fertig gestellt und bezogen werden, wird der Wohnungsbau weit über 20 Jahre benötigen. Andernfalls gibt es eine Wohnungsschwemme, die das gesamte Preisgefüge für Wohnimmobilien in Stuttgart ins wanken bringt! Die fertig gestellten Wohnungen der ersten Jahre werden umgeben sein von Baustellen. Es wird nicht einfach sein diese zu attraktiven Preisen zu verkaufen oder zu vermieten.
          
16. Mehr Grün – weniger Umweltbelastung
Der Schloßgarten und der Rosensteinpark sind wichtige Naherholungsgebiete für die Stuttgarter Bürger. Mit Stuttgart 21 entstehen Parkflächen in der Größe von rund 30 Fußballfeldern, die für bessere Luft sorgen. Die Grünanlagen mit ihren rund 4200 neu gepflanzten Bäumen werden zusätzlich Kohlendioxid und Feinstaub aus der Luft binden.


-> Fakt ist, 4200 Bäume auf 20 ha (= 30 Fußballfeldern) ist eine so dichte Baumbepflanzung, dass es sich um einen Wald handelt und nicht um einen Park, es sei denn es handelt sich eher um Ziersträucher als um Bäume. Denn die durchschnittliche Standfläche der Bäume beträgt dann 48 m2, also ca. sieben auf sieben Meter. Die großen Platanen und Kastanien der Allee in den Unteren Anlagen, deren Kronen ein geschlossenes Dach bilden stehen durchschnittlich im Abstand von 10 bis 13 Meter!


Zu den Gründen 9-12                                                  Weiter mit den Gründen 17-21

21 gute Gründe für Stuttgart 21 - Teil 2

Auf der Website zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm sind 21 Gute Gründe für Stuttgart 21 aufgeführt: http://www.das-neue-herz-europas.de/ueberblick/21gruende/default.aspx

Einige Hintergrundinformationen zu den genannten Gründen - Teil 2: Vorteile für uns: Als Umweltschützer


9. Weniger Autos, bessere Luft
Der Umbau des Bahnknotens Stuttgart bringt mehr Verkehr in Stadt und Region auf die Schiene und entlastet damit den Straßenverkehr. Die bessere Vernetzung zahlt sich für die Umwelt aus: Wissenschaftler haben errechnet, dass rund 18 Millionen Pkw-Fahrten mit 350 Millionen Kilometern pro Jahr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Das erspart der Umwelt jährlich rund 70.000 Tonnen Kohlendioxid.


-> Fakt ist, das Kommunikationsbüro des Bahnprojektes Stuttgart 21 konnte keine Auskünfte zum Ursprung dieser Berechnungen liefern.

10. Ruhe bitte!
Wegen der neuen Schnellfahrstrecke fährt der Großteil der Fernzüge nicht mehr durch das Neckartal. Die neue Trasse führt künftig vom Hauptbahnhof durch den Fildertunnel auf die Filder. Durch den Ringverkehr fahren die Züge künftig unterirdisch durch die Stadt. Das heißt: Mehr Schienenverkehr, aber weniger Lärm, weil mehr als 30 Kilometer der Strecke in Tunnels verlaufen.


-> Fakt ist, viele moderne und leise Fernverkehrszüge werden nicht mehr durch das Neckartal fahren, alle schwere Güterzüge und die Regionalzüge fahren weiter im Neckartal, das sind rund 60% der täglichen Züge.
           
11. Aus alt mach neu
Die heute mit Gleisen belegten Flächen werden als Bauland optimal genutzt, um der Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden. Damit können wir Flächen auf der „grünen Wiese“ schonen. Sechzig Hektar Neubauflächen wurden aus dem Flächennutzungsplan gestrichen, denn Stuttgart soll auf den alten Gleisflächen wachsen.


-> Fakt ist, nachdem der neue Bahnhof fertig gestellt sein wird, muss das Bahnhofsvorfeld zunächst von Altlasten befreit und erschlossen werden. Entsprechend dem jährlichen Bedarf an Wohnraum und Geschäftsimmobilien in Stuttgart wird es mindestens 20 Jahre dauern, bis die gesamte Neubaufläche genutzt wird.
           
12. Ökologisch bauen wird Standard
Wenn es um die Neubebauung des Rosensteinviertels geht, gibt die Stadt den Ton an. Sie hat frühzeitig die Flächen gekauft und wird dafür sorgen, dass neue Gebäude umweltfreundliche Energien nutzen. Ziel ist ein CO2-neutraler Stadtteil.


-> Fakt ist, es ist ein Ziel der Stadt einen CO2-neutraler Stadtteil zu bauen. Ob dies jedem Investor abgerungen werden kann, wird sich zeigen.





Zu den Gründen 1-8                                                     Weiter mit den Gründen 13-16

21 gute Gründe für Stuttgart 21 - Teil 1

Auf der Website zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm sind 21 Gute Gründe für Stuttgart 21 aufgeführt: http://www.das-neue-herz-europas.de/ueberblick/21gruende/default.aspx

Einige Hintergrundinformationen zu den genannten Gründen - Teil 1: Vorteile für uns: Als Verkehrsteilnehmer


1. Bahnprojekt Stuttgart-Ulm: Mit Komfort durch Europa   
Mit dem Bahnknoten Stuttgart und der Neubaustrecke nach Ulm wird das Reisen quer durch Europa schneller und bequemer. Die Züge müssen an der Geislinger Steige, dem größten Engpass des europäischen Schienennetzes, nicht mehr herunterbremsen. Von Stuttgart nach München dauert eine Zugfahrt nur noch gut eineinhalb Stunden.


-> Fakt ist, vor 15 Jahren betrug die Fahrzeit zwischen Stuttgart über Ulm nach München schon einmal ca. 15 Minuten weniger als heute. Durch vernachlässigte Instandhaltung, fahren die Züge heute langsamer auf der Strecke als früher. Die Neubaustrecke wird weitestgehend nur vom Personenfernverkehr genutzt werden. Die Geislinger Steige wird für den Regional- und Güterverkehr (Stuttgart-Plochingen-Göppingen-Geislingen-Ulm) erhalten bleiben und die Bahn hat die Strecke trotzdem verfallen lassen.
           
2. Schnell in alle Richtungen
In Baden-Württemberg kreuzen sich die Ost-West-Magistrale von Paris nach Wien, Bratislava und Budapest sowie die Nord-Süd-Magistrale von Amsterdam nach Sizilien. Das Land wird zentraler Knotenpunkt im europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz und rückt in Europas Mitte.


-> Fakt ist, die Nord-Süd-Magistrale verläuft durch das Rheintal (Mannheim-Karlsruhe-Basel) und wird nie über Stuttgart verlaufen, hat also nichts mit Stuttgart 21 zu tun. Kritiker sagen vielmehr, dass der dringend notwendige Ausbau der Rheintalstrecke auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel durch Stuttgart 21 verzögert wird.
   
3. Ohne Umsteigen quer durchs Land
Fern- und Regionalverkehr werden durch den neuen Schienenring in Stuttgart schneller und besser aufeinander abgestimmt. Alle Fahrgäste werden davon profitieren – sei es von kürzeren Reisezeiten, sei es von der Anbindung an Flughafen und Messe. Und Umsteigen gibt es dann nur noch auf wenigen Strecken, weil die Züge nicht mehr im Hauptbahnhof enden und es dadurch mehr Direktverbindungen gibt.


-> Fakt ist, die wenigsten Fahrgäste durchqueren Stuttgart im Regionalverkehr und profitieren von weniger Umsteigen. Die meisten Fahrgäste haben Stuttgart als Anfang- oder Endpunkt der Reise oder sie steigen von Fern- auf Nahverkehr um bzw. umgekehrt
           
4. Vernunft siegt – deutlich mehr Züge auf halb so vielen Gleisen
Die Idee, einen Durchgangsbahnhof zu bauen, ist mehr als hundert Jahre alt. Sie scheiterte damals an den technischen Möglichkeiten. Mit dem neuen Bahnknoten in Stuttgart wird diese Idee nun verwirklicht. Das heißt, mit nur halb so vielen Gleisen können hier künftig deutlich mehr Züge in den Bahnhof ein- und ausfahren, weil sie sich nicht mehr gegenseitig blockieren.


-> Fakt ist, durch die weitestgehend kreuzungsfreie Zufahrt auf drei Ebenen behindern sich Züge beim Stuttgarter Kopfbahnhof kaum. Die Reduktion von 17 auf 8 Gleise bedeutet unter anderem, dass Züge seltener auf verspätete Züge warten können um Umsteigemöglichkeiten aufrecht zu erhalten, da die Gleise für nachfolgende Züge frei gemacht werden müssen. Züge auf dem gleichen Gleis folgen sich oft in weniger als acht Minuten Abstand!
       
5. Aller guten Dinge sind drei
Stuttgart bekommt drei neue, barrierefreie Bahnhöfe: den Flughafenbahnhof, den Hauptbahnhof und die S-Bahnstation Mittnachtstraße. Der Zugang zum Bahnverkehr wird für alle Reisenden einfacher und bequemer. Der Durchgangsbahnhof verbessert auch den Regionalverkehr und ermöglicht schnellere und direkte Verbindungen. Fluggäste sind vom Hauptbahnhof in acht Minuten am Bahnhof Flughafen/Messe.


-> Fakt ist, tiefergelegene unterirdische Bahnhöfe sind nicht barrierefrei. Und ein Bahnsteigwechsel auf in einem Durchgangsbahnhof ist nie barrierefrei.


6. Dreh- und Angelpunkt auf den Fildern
Durch den neuen Bahnhof Flughafen/Messe rücken die Innenstadt, der Flughafen und das Messegelände näher zusammen. Gleichzeitig entsteht auf den Fildern ein vernetztes Verkehrsangebot für Auto-, Zug- und Flugverkehr. So wird der neue Bahnhof zum Dreh- und Angelpunkt für den gesamten Filderraum mit seinen rund 150.000 Einwohnern und 100.000 Arbeitsplätzen.


-> Fakt ist, der Filderraum wird tatsächlich besser an den Fern- und Regionalverkehr der Bahn angeschlossen. Durch die damit gesteigerte Attraktivität des Flughafens für Fluggäste rechnet die Flughafengesellschaft mit über 1,5 Mio. zusätzlichen Fluggästen pro Jahr (entspricht +15-20%). Der zunächst nicht weiterverfolgte Bau einer zweiten Landebahn wird damit dringlich, auch dürfte erneut über die Lockerung des Nachtflugverbots diskutiert werden.
           
7. Schneller umsteigen
Die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße bindet das künftige Rosensteinviertel an das S-Bahn-Netz der Region Stuttgart an. Weil dort alle S-Bahn-Linien halten, wird das Umsteigen zwischen Feuerbach und Bad Cannstatt schneller und bequemer. Und der Hauptbahnhof wird entlastet.


-> Fakt ist, alle Fahrgäste aus Richtung Feuerbach und Cannstatt brauchen durch einen zusätzlichen Stopp länger bis nach Stuttgart, dies sind eine Vielzahl derer, die hier umsteigen würden.
           
8. Schneller ankommen
Mit dem Bahnprojekt Stuttgart – Ulm werden die Fahrzeiten im Fern- und Regionalverkehr erheblich kürzer. Einige Beispiele, die für sich sprechen:
Strecke                                       heute                  künftig          
Stuttgart – Flughafen                      27 Minuten          8 Minuten        

Stuttgart – Tübingen                       61 Minuten        41 Minuten        
Flughafen/Messe – Nürtingen    67 Minuten          8 Minuten    
Flughafen/Messe – Bietigheim   56 Minuten        27 Minuten        
Backnang – Nürtingen                    84 Minuten        46 Minuten      
Stuttgart – Ulm                                  54 Minuten         28 Minuten      

-> Fakt ist, die aufgeführten Vergleiche sind teilweise fehlerhaft. So ist die schnellste Verbindung zwischen Stuttgart und Tübingen heute schon 45 Minuten. Und die schnellste Verbindung zw. Backnang und Nürtingen ist 61 Minuten.

Donnerstag, 16. September 2010

Kostenanteil der Stadt Stuttgart an Stuttgart 21

Ungewöhnlich an Stuttgart 21 ist die hohe finanzielle Beteiligung von Stadt und Land. Das gilt sowohl für den Umbau des Bahnknotens in Stuttgart, wie auch für die Neubaustrecke. Noch nie wurde eine Neubaustrecke des Fernverkehrs maßgeblich von einem Bundesland finanziert.

Beim Umbau des Bahnknotens und dem Bau des neuen Bahnhofs zeigt auch die Stadt Stuttgart ein sehr hohes finanzielles Engagement. Von Dr. Wolfgang Schuster werden offiziel meist nur die 238,5 Mio. EUR genannt, die die initiale und direkte Beteiligung am Umbau des Bahnknotens sind, dabei gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Zahlungsströme. Die Gesamtbelastung für die Stadt addiert sich auf mindestens 1 Mrd. EUR nicht mit eingerechnet die Kosten für die noch folgende geplante Stadtentwicklung auf dem Bahnhofsvorfeld, Verlegungen von öffentlichen Gebäuden, Straßenbahn etc.

Die Kosten für die Stadt setzen sich wie folgt zusammen:


Initiale Finanzierung238,5 Mio. EUR
Anteil Risikofonds206,9 Mio. EUR
Erweiterter Risikofonds40,0 Mio. EUR
Opportunitätskosten Verzicht Mieterlös Bahnhofsvorfeld414,0 Mio. EUR
Städt. Anteil Flughafen160,5 Mio. EUR
=============
Gesamtkosten 1059,9 Mio EUR

Erläuterung zur Kostenübersicht


Städtischer Anteil der Finanzierung von Stuttgart 21
Im ersten Schritt beläuft sich der Finanzierungsanteil der Landeshauptstadt Stuttgart auf 238,5 Millionen Euro und für den Flughafen Stuttgart 227,2 Millionen Euro. Die Flughafen Stuttgart GmbH gehört zu 35% der Stadt Stuttgart, damit wird die Stadt indirekt zusätzlich belastet und zwar mit 79,5 Mio Euro.
Für den bereits angegriffenen Risikofonds, der vermutlich auch komplett benötigt werden wird, stellt die Stadt Stuttgart 206,9 Millionen Euro zur Verfügung und der Flughafen 119,4 Millionen Euro, entsprechend bedeutet der 35% Anteil der Stadt Stuttgart an der Flughafen Stuttgart GmbH weiteren 41,8 Mio Euro für die Stadt.

Auf der Seite bahnprojekt-stuttgart-ulm.de ist nachzulesen, dass in einer weiteren Stufe des Risikofonds Land und Stadt weitere 160 Millionen Euro zur Verfügung stellen, leider stehen zur Aufteilung keine detaillierten Informationen zur Verfügung (geschätzter städtischer Anteil 25%).

Der Flughafen Stuttgart wiederum stellt der Deutschen Bahn zur Erreichung der Wirtschaftlichkeit einen zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 112 Millionen Euro zur Verfügung. Welche konkrete Gegenleistung gibt es hierfür? Leider finden sich hierzu keine Informationen.


Kosten durch entfallene Miet- und Pachterlöse
Die Stadt Stuttgart hat der Bahn im Jahre 2001 für ca. 460 Mio. Euro das Bahnhofsvorfeld (A2-D) mit ca. 100 ha Fläche abgekauft und bis zur geplanten Fertigstellung von Stuttgart 21 im Jahr 2019 miet- und pachtfrei überlassen.
Dadurch entstehen der Stadt Stuttgart Opportunitätskosten. Bei einem angenommenen Mieterlös in Höhe von 5% der Kaufsumme belaufen sich diese pro Jahr auf 23 Mio. Euro und für die Zeit von 2001 bis 2019 auf 414 Mio. EUR ohne Berücksichtigung von Zinseszinseffekten. Bei Bauverzögerungen und einer entsprechend späteren Fertigstellung erhöhen sich diese Opportunitätskosten entsprechend.

Weitere Kosten zur Vermarktung der übernommenen Flächen
Es ist davon auszugehen, dass darüber hinaus weitere Kosten auf die Stadt Stuttgart zukommen, bis das Bahnhofsvorfeld als Baugrund vermarktet werden kann. Diese sollen hier erwähnt werden, aber sind in der oberen Betrachtung nicht berücksichtigt. Dazu gehören sicherlich Kosten für die Sanierung des Bodens, es ist davon auszugehen, dass die Gleisflächen durch den jahrzehntelangen Einsatz von Herbiziden und Belastung mit Teer und Öl, nicht zuletzt aus der Zeit der Dampfbahn, belastet sind. Weitere Kosten entstehen sicherlich auch durch die notwendige Herstellung der Infrastruktur: Straßen, Wasser und Abwasser, Gas etc.

Fazit: für die Stadt Stuttgart stehen Kosten von über 1 Mrd. Euro Erträge etwa in Höhe von 250 Mio. Euro entgegen.

Quelle: http://www.das-neue-herz-europas.de/das_bahnprojekt/finanzierung/default.aspx und Unterseiten

5000 Bäume für Stuttgart 21

Immerwieder ist zu lesen, dass bei der geplanten Parkerweiterung im Rahmen von Stuttgart 21 um 20 ha 5000 Bäume gepflanzt werden sollen. Nicht zuletzt werden die neuzupflanzenden Bäume auch als Ersatz für die ca. 250 alten und großen Bäume gesehen, die gefällt werden müssen, für den Bahnhofsneubau.


Eine überschlägige Rechnung ergibt für 5000 Bäume auf 20 ha eine Standfläche von 40 qm, dies entspricht einem Abstand von Stamm zu Stamm von ca. 6 Meter. Entweder handelt es sich dabei lediglich um Ziersträucher und kleine Bäume, oder aber die geplante Parkerweiterung wird ein dichter Wald.

Die großen Platanen und Kastanien an der großen Allee und in anderen Parkbeeichen, die ein komplett geschlossenes Blätterdach ergeben stehen übrigens im Abstand von 10 bis 14 Meter!

Hier stehen die Bäume etwa im Abstand von 10-12 Meter, stehen sie im neuen S21-Park fast doppelt so eng?

Mittwoch, 15. September 2010

Stuttgart 21: Nutzen und Erträge für die Stadt Stuttgart

Auf der Seite http://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/mehr-wirtschaftswachstum/default.aspx werden bis zum Jahr 2030 Einnahmen von ca. 300 Mio. Euro durch diverse Steuern genannt und in einer Grafik deren Verteilung genauer dargestellt.

Von der Stadt geschätzte Steuereinnahmen durch Stuttgart 21 (Quelle: Bahnprojekt Stuttgart-Ulm)

Berechnet man den Wert der zukünftigen Einnahmen aus Steuern etc. finanzmathematisch korrekt als abdiskontierten Net Present Value (heutiger Barwert der Zahlungsströme) ergeben sich leider deutlich geringere Beträge. Nimmt man die leicht aufgerundeten Einnahmen aus der Grafik und geht von einer zweiprozentigen Steigerung (Wirtschaftswachstum) ab dem Jahr 2035 aus und schreibt diese bis 2100 fort (dies ergibt für das Jahr 2100 immerhin über 84 Mio. Euro) und diskontiert diese Zahlungsströme mit konservativen 6% ab, ergibt sich ein Net Present Value von ca. 252 Mio. Euro. Unternehmen verwenden im Allgemeinen einen wesentlich höheren Zinssatz um zukünftige Zahlungsströme zu bewerten, was deren Net Present Value deutlich reduziert.

Zufahrtsgleise Hauptbahnhof Stuttgart

Es heißt immer wieder S21 hätte 8 Zufahrtsgleise, während der heutige Hauptbahnhof nur 5 hat. Fakt ist, dass der heutige Hauptbahnhof 9 Zufahrtsgleise hat: 4 von/nach Feuerbach, 4 von/nach Cannstatt und eins zur Gäubahn, wobei hier der eingleisige Abschnitt nur einige hundert Meter lang ist.


Gleisschema heute, Grafik: DB AG


Gleisschema Stuttgart 21, Grafik: DB AG

Manchmal wird angeführt, dass von den 4-gleisigen Strecken 2 Gleise komplett der S-Bahn vorbehalten sind und demnach nicht für Regional- und Fernverkehr zur verfügung stehen. Dies ist schlichtweg falsch wie die Bilder zeigen.




Fern- und Regionalzüge auf vier Gleisen
(aufgenommen am 7.9.2010 innerhalb ca. 30 Minuten)

Ergänzung 4.11.2010: Inzwischen spricht auch Herr Kefer (Technikvorstand DB AG) bei Direkt zu Stuttgart 21 nicht mehr von 5 Zufahrtsgleisen beim heutigen Kopfbahnhof, sondern von 9!

Quelle: http://www.das-neue-herz-europas.de/das_bahnprojekt/neue_bahnhoefe/hauptbahnhof_stuttgart/infrastruktur/default.aspx, eigene Recherche