Warum diese Seite?

Als die Proteste gegen Stuttgart 21 Ende 2009 stärker wurden, habe ich mich intensiver mit dem Thema "Stuttgart 21" auseinandergesetzt, mittels diverser Medien: Zunächst die Lokalpresse, Websites von Befürwortern und Gegnern usw. Leider hatte ich das Gefühl, dass insbesondere Tageszeitungen eher oberflächlich berichten und oft nicht genügend in die Tiefe gehen. Inzwischen habe ich mit diversen Politikern, dem Projektbüro von Stuttgart 21, Ämtern und anderen Stellen kommuniziert und mir mein eigenes Bild über Stuttgart 21 gemacht. Ich möchte meine Erkenntnisse mittels dieser Seite teilen. Mehr über mich.
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Montag, 11. Oktober 2010

Was würde ein Ende von Stuttgart 21 für die Region bedeuten?

Die Befürworter des Projektes Stuttgart 21 befürchten, dass ein Ausstieg aus dem Projekt einen jahrelangen Stillstand bei Bahnprojekten in der Region zur Folge hätte, da die Gelder anders verwendet werden würden. Es ist sicherlich zu befürchten, dass die politischen Befürworter von S21 und die Bahn trotzig reagieren und tatsächlich die Region Stuttgart im Falle eines Projektendes durch Ignoranz „bestrafen“ werden. Würden nach einem Projektende allerdings alle Beteiligten – Stuttgart 21 Befürworter wie Gegner – an einem Strang ziehen, wäre auch folgendes Szenario möglich:

1. Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird nach einem zügigen Abschluss der ausstehenden Planfeststellungsverfahren gebaut. Die Neubaustrecke macht auch ohne den Umbau des Bahnknotens Sinn, wie geplant würde diese 2019/2020 fertiggestellt. Die Reisezeit zwischen Stuttgart und Ulm über NBS und Neckartal würde sich auf ca. 34 Minuten reduzieren, geringfügig mehr als mit dem Umbau des Bahnknotens, aber ca. 20 Minuten weniger als heute. Für diesen Abschnitt sind die Planungen weitestgehend abgeschlossen und die Finanzierung steht.
Bereits getätigte Investitionen für diesen Abschnitt in der Höhe von ca. 170 Mio. Euro wären nicht vergeudet.

2. Bahn, Stadt, Land und Bund einigen sich auf eine Ertüchtigung des alten Kopfbahnhofs samt Gleisvorfeld. Wenn es 1995 als realistisch eingeschätzt wurde bei entsprechendem Willen, dass Stuttgart 21 2008 hätte fertig gestellt werden können, müsste diese Planungs- und Bauzeit auch für eine Erneuerung des Kopfbahnhofs möglich sein. Dass Stuttgart 21 nicht 2008 fertig gestellt wurde, liegt ja vor allem daran, dass Ende der 90er die Bahn das Projekt gar nicht mehr weiterverfolgt hatte und danach bis 2004 ewig über die Finanzierung diskutiert wurde. Würde also mit vereinten Kräften an Finanzierung, Planung und Bau der Modernisierung des Kopfbahnhofs gearbeitet werden, so könnte ausgehend von einer 13 jährigen Planungs- und Bauzeit 2024 der erneuerte Bahnhof fertig gestellt werden, ca. vier Jahre später als die derzeitig geplante Fertigstellung von Stuttgart 21.
In diesem Falle müssten die laut Bahn bereits entstandenen 260 Mio. Euro Planungskosten weitestgehend abgeschrieben werden. Die Erneuerung des Kopfbahnhofs würde laut Bahn ca. 1,5 Mrd. Euro kosten.

3. Gegebenenfalls könnte zusätzlich noch die im Kopfbahnhof 21 vorgesehene Filderauffahrt und/oder der Flughafenanschluss realisiert werden – vorausgesetzt die Beteiligten sind bereit die Kosten dafür aufzubringen.

4. Die Areal A1, und innerer Nordbahnhof können wie geplant für die Stadtentwicklung genutzt werden. Das Postgelände könnte als Parkerweiterung dienen. Zusammen 30-35 Hektar.

Etliche Vorteile von Stuttgart 21, wie die verkürzte Reisezeit zwischen Stuttgart und Ulm, die Entlastung des Filstals, die Modernisierung des Bahnhofs und die Stadtentwicklung wären also trotz Abschreibungen auf die Planungen für ca. 4,65 Mrd. Euro statt 7 Mrd. Euro zu haben! Und viele Vorteile wären bereits 2019/2020 realisiert, ein weiterer Teil ca. vier Jahre später.

Vielleicht ist das ja eine Idee für Herrn Geissler als Schlichter.

Sonntag, 19. September 2010

Was kostet ein Ausstieg bei Stuttgart 21?

Von der Bahn wird immer wieder angeführt ein Stopp von Stuttgart 21 kostet 1,4 Mrd. Euro (u.a. Rüdiger Grube 19.9.2010). Zu den Ausstiegskosten, gibt es aber auch andere Aussagen der Projektgegner, die diese im Bereich von 73 Mio. Euro sehen.

Ich habe versucht dem auf den Grund zu gehen und bei Dr. Stefan Kaufmann (MdB, Stuttgarter CDU-Abgeordneter und im Verkehrsausschuss des Bundestags) zu den Ausstiegskosten nachgefragt, insbesondere wie sich diese zusammensetzen.

Hier seine Antwort:

Rückabwicklung Grundstücksverkauf an die Stadt Stuttgart: rund 460 Millionen Euro;
Zinsen an die Stadt (5,5 % Zinsen seit Grundstückskauf am 21.12.2001): 284 Millionen Euro;
Bisherige Planungskosten (S21+NBS): 430 Millionen Euro (260 Millionen Euro + 170 Millionen Euro);
Bisher rechtlich verbindlich vergebene Bauaufträge: 240 Millionen Euro

In der Summe ergibt dies Stand heute rund 1,4 Milliarden Euro, falls das Projekt nicht realisiert wird.


Interessant finde ich dabei, dass die Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs an die Stadt als Kosten gesehen wird. Immerhin bekommt die Bahn dafür Ihr Grundstück zum gleichen Preis wieder, dass sie seit fast 10 Jahren mietfrei nutzt, im Falle des Ausstiegs müsste die Bahn nur für das zahlen, was sie auch genutzt hat. Selbst aus Sicht der Bahn sind die Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs keine echten Kosten, aus Sicht der Gesamtprojektträger ohnehin nicht, vielmehr bekommt die Stadt Stuttgart dadurch finanziellen Spielraum zurück.

Die Planungskosten für die NBS verlieren nicht Ihren Wert, die NBS kann auch ohne den Umbau des Stuttgarter Bahnknotens umgesetzt werden und hat auch alleine eine Daseinsberechtigung.

Und dass man aus verbindlich vergebenen Aufträgen auch mit einer Abschlagszahlung rauskommt haben all die Kunden deutscher Anlagen- und Maschinenbauer bewiesen, als es 2008 zur weltweiten Finanzkrise kam.


Damit sind die echten Kosten wohl eher bei 260 Mio. plus 240 Mio. Euro anzusetzen.