Ein Blick in den Geschäftsbericht von 2009:
„Die FSG, die insgesamt 359 Millionen Euro in das Projekt investiert, erwartet von dem vorgesehenen ICE-Bahnhof am Flughafen eine enorme Standortverbesserung für die gesamte Filderregion. Nach Expertisen von Intraplan Consult GmbH ermöglicht der neue Anschluss an das Hochgeschwindigkeits- und Regionalzugnetz bis zu 1,5 Millionen zusätzliche Fluggäste aus einem vergrößerten Einzugsbereich und besserer Erreichbarkeit.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 9)
In den Finanzierungsvereinbarungen zu Stuttgart 21 ist für den Flughafen eine Beteiligung von ca. 339 Mio. EUR vorgesehen. Die Differenz zu den im Geschäftsbericht erwähnten 359 Mio. EUR sind demzufolge an anderer Stelle vage beschriebene zusätzliche Leistungen der Flughafengesellschaft zur Schaffung peripherer Infrastruktur um den zu bauenden Fernbahnhof.
Weiter kann diesem Absatz entnommen werden, dass die Flughafengesellschaft von 1,5 Millionen zusätzlicher Fluggäste pro Jahr ausgeht.
Weiter sind im Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft folgende Passagen zu lesen:
„Die Flughafengesellschaft plant für den Zeitraum bis 2019 ein Investitionsvolumen von ca. 316 Mio. m. Darin enthalten sind Investitionszuschüsse in Höhe von ca. 108 Mio. m an die DB Netz AG für das Projekt Stuttgart 21 und die Anbindung des Flughafens Stuttgart an die europäische Fernbahntrasse. Weitere Zahlungen von bis zu ca. 119 Mio. m sind ab dem Jahr 2020 fällig. Dadurch kann der Flughafen Stuttgart gegenüber den Flughäfen Frankfurt, München und Zürich im Wettbewerb besser bestehen und zusätzliche Fluggastpotenziale erschließen. Die Investition ist deshalb wirtschaftlich vorteilhaft.“ (Geschäftsbericht Flughafengesellschaft 2009, Seite 13)
Die Flughafengesellschaft spricht also davon dass die Investition wirtschaftlich vorteilhaft sei und nicht davon, dass sich die Investition rentiert!
Ich möchte im Folgenden eine genauere Rechnung zur Rentabilität von Stuttgart 21 für den Flughafen aufstellen.
Die Finanzierung von Stuttgart 21 durch die Flughafengesellschaft sieht im Detail wie folgt aus. Die Zahlungsströme sind der Mitteilung der Landesregierung an die Landtagsabgeordnete zu den Finanzierungsverträgen zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm entnommen und um Informationen aus dem Geschäftsbericht des Flughafens ergänzt.
Jahr | Zahlung (Mio. EUR) | |
2008 | 112.242.000 | |
2009 | 0 | |
2010 | 0 | |
2011 | 2.900.000 | |
2012 | 2.900.000 | |
2013 | 2.900.000 | |
2014 | 2.900.000 | |
2015 | 2.900.000 | |
2016 | 2.900.000 | |
2017 | 2.900.000 | |
2018 | 45.200.000 | |
2019 | 42.300.000 | |
2020 | 119.400.000 |
Für die Erträge wird der Passagierzuwachs wie im Geschäftsbericht genannt angenommen, wobei für die ersten zwei Jahre nach Fertigstellung zunächst von einer Anlaufphase mit einem schrittweisen Anstieg auf das von der Flughafengesellschaft erwarteten zusätzlichen Passagieraufkommen ausgegangen wird.
Jahr | zusätzliches Passagieraufkommen | |
2020 | 0,7 Mio. | |
2021 | 1,2 Mio. | |
ab 2022 | 1,5 Mio. |
Aus dem Geschäftsbericht 2009 lassen sich pro Passagier für die Jahre 2005 bis 2009 ein durchschnittlicher Umsatz von 21,76 EUR und ein durchschnittlicher Gewinn von 2,47 EUR entnehmen. Dieser Gewinn pro Passagier soll für die Berechnung der Erträge herangezogen werden.
Weiter wird bei der Berechnung von einer Jährlichen Inflationsrate von 1,5% ausgegangen und die zukünftigen Kosten wie auch Erträge werden mit 6% abdiskontiert, was eine hohe Gewissheit der Kosten und Erträge unterstellt.
Hieraus ergibt sich ein Barwert für Investitionen und Erträge bis zum Jahr 2050 von ca. -222 Mio. EUR.! Kein privatwirtschaftliches Unternehmen könnte und würde solch ein Engagement eingehen. Die Flughafengesellschaft wird hier durch die Eigentümer geradezu asugequetscht, wie man es sonst nur von Finanzinvestoren (auch Heuschrecken genannt) kennt.
Ganz offensichtlich ist die Beteiligung der Flughafengesellschaft am Projekt Stuttgart 21 für diese nicht rentabel. Vielmehr geht es wohl darum die Höhe der direkten Steuermittel, die in das Projekt Stuttgart 21 fließen, niedriger erscheinen zu lassen. Freilich sind die Finanzierungsmittel der Flughafengesellschaft genauso öffentliche Gelder, gehört die Flughafengesellschaft doch Stadt und Land.
Noch eine Überlegung, was 1,5 Mio. zusätzliche Passagiere für die Kapazität des Flughafens bedeutet: 2007 hatte der Flughafen 10,3 Mio. Passagiere, mit dem von der Flughafengesellschaft angenommenen jährlichen Wachstum des Passagieraufkommens von 2% und der erwarteten Passagierzunahme durch Stuttgart 21, ergibt sich dann ein jährliches Passagieraufkommen von ca. 14,0 Mio. Passagieren. Sind die heutigen Kapazitäten dafür ausreichend? Alle anderen Verkehrsflughäfen in Deutschland mit einem vergleichbaren Verkehrsaufkommen (Berlin-Tegel, Düsseldorf, Hamburg, Köln/Bonn) haben zwei Startbahnen. Eine Erweiterung des Flughafens Stuttgart-Echterdingen um eine zweite Startbahn wird damit wahrscheinlicher, bzw. der avisierte Passagierzuwachs lässt sich sonst gar nicht realisieren!
Quellen:
Geschäftsbericht Flughafen Gesellschaft
Mitteilung der Landesregierung zur Finanzierung von S21
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